FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
einen Monat betragen kann. „Der Anleger müsste seinen Ausstieg also beispielsweise vier Wochen im Voraus ankündigen“, sagt Hengeler-Mueller-Rechtsanwalt Ruppel. „Das erlaubt einem Fondsmanager, die Veräuße- rung von Vermögensgegenständen besser zu planen.“ Bei offenen Immobilienfonds wurden schon 2013 entsprechende Fristen eingeführt, in diesem Fall sogar verpflichtend: Anleger müssen ihre Anteile seither mindestens 24 Monate halten und einen Verkauf zwölf Monate im Voraus ankündigen. Bei Wert- papierpublikumsfonds kann die KVG selbst entscheiden, ob sie eine Rückgabefrist einfüh- ren möchte oder nicht. Mindesthaltefristen sind nicht vorgesehen. „Redemption Gates“ Neu ist auch die Möglichkeit, Rücknahme- beschränkungen (Redemption Gates) ein- zuführen. Sie sollen einer KVG die Option bieten, übermäßige Abflüsse zu bremsen, um keine Notverkäufe im Portfolio tätigen zu müssen. „Denkbar ist, dass der Anbieter für eine kurze Zeit überhaupt keine Anteilsrück- gaben mehr zulässt oder dass er bestimmte Obergrenzen festlegt, je Anleger also nur eine bestimmte Zahl von Anteilen zurücknimmt“, erläutert Ruppel. „In der Regel sollten einige Tage für eine Beschränkung der Anteilsrücknahme ausrei- chend sein, um entsprechende Liquidität für die Bedienung von Anteilsrückgaben zu be- schaffen“, heißt es in der Beschlussempfeh- lung. Daher darf eine Rücknahmebeschrän- kung höchstens 15 Arbeitstage dauern. Ruppel weist darauf hin, dass KVGen schon länger die Möglichkeit haben, in Ausnahmefällen die Anteilsrücknahme auszusetzen. Darauf muss- ten in der Finanzkrise nicht nur mehrere offe- ne Immobilienfonds zurückgreifen, sondern auch einige Rentenfonds. „Das neue Instru- ment kann als Vorstufe einer solchen Maß- nahme angesehen werden und dabei helfen, eine längerfristige Aussetzung der Anteils- rücknahme zu vermeiden“, erläutert der Investment- und Kapitalmarktrechtler. Teilfonds Eine weitere Neuerung, die das Gesetz ein- führt, betrifft die Sachwertbranche: Künftig dürfen Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital und geschlossene Investment- kommanditgesellschaften auch Teilgesell- schaftsvermögen bilden. „Bei offenen Fonds ist es seit Jahren gang und gäbe, haftungs- und vermögensrechtlich separierte Teilgesell- schaftsvermögen zu bilden. Das geht nun auch bei geschlossenen Fonds“, so Ruppel. Sprich: Bislang musste ein Anbieter ge- schlossener Fonds für jedes neue Produkt ein eigenes Vehikel auflegen – künftig reicht in vielen Fällen die Eröffnung eines neuen Teil- fonds. „Das gibt der Branche zusätzliche Strukturierungsmöglichkeiten“, lobt Ruppel. Zögerliche Umsetzung Zu Redaktionsschluss war das Gesetz zwar verabschiedet, aber noch nicht verkündet – das sollte Ende März oder Anfang April geschehen. Ab dann dürfen die Anbieter die neuen Instrumente nutzen – allerdings erst nachdem sie die Anlagebedingungen im Ver- kaufsprospekt entsprechend geändert haben. Anfangs werden Anleger und Finanzberater bei deutschen Fonds also eher selten mit Swing Pricing oder Redemption Gates in Berührung kommen. Hinzu kommt, dass die Verantwortlichen in den Investmenthäusern aktuell andere Bau- stellen haben, die ihnen wichtiger sind. „Andere Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung beanspruchen aktuell viele Ressourcen“, gibt Ruppel zu bedenken. „Da- bei haben uns die jüngsten Börsenturbulenzen vor Augen geführt, dass die Instrumente zur Liquiditätssteuerung besser früher als später eingeführt werden sollten.“ Positives Signal Und wie bewertet der Experte die Neuerun- gen insgesamt? „Das ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch kein großer Wurf“, meint Ruppel. „In der Asset- Management-Branche liegen die Hemmnisse aus Investorensicht eher bei den Anlage- restriktionen und im Steuerrecht.“ Positiv wertet er, dass der Gesetzgeber die Bedeutung der Fondsbranche anerkennt und damit „ein wichtiges Signal für Marktteilnehmer und Behörden“ setzt. Wer weiß, vielleicht folgt auf das Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland ja bald eine EU-Richtlinie zur Förderung der europäischen Asset-Management-Branche? BVI-Hauptgeschäftsführer Richter würde auf der nächsten Jahrespressekonferenz seines Verbands in Frankfurt sicherlich lobend darauf eingehen. BERND MIKOSCH | FP Foto: © Hengeler Mueller Conrad Ruppel, Hengeler Mueller: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch kein großer Wurf.“ Transaktionskosten: Warum ETFs im Vorteil sind Problem: In jedem Fonds fallen Transaktionskosten an: Zum einen natürlich, wenn ein Portfoliomanager ein Wert- papier gegen ein anderes austauscht. Zum anderen aber auch, wenn er frisch eingeworbenes Geld investieren oder Aktien verkaufen muss, weil Kunden Geld abziehen. Diese Handelskosten belasten den Fonds, also alle investierten Anleger. Mitunter kann das ganz schön unfair sein: Ein Dachfondsmanager, der einen Millionen- betrag in einen Fonds pumpt, nur um ihn drei Monate spä- ter wieder abzuziehen, verursacht gigantische Transak- tionskosten, die von allen Investoren getragen werden – auch von denen, die dem Fonds jahrzehntelang treu sind. Vorbild ETF: Bei börsengehandelten Indexfonds ist das pfiffiger gelöst. Innerhalb eines ETFs fallen nur Trans- aktionskosten an, wenn der Index angepasst wird oder Erträge reinvestiert werden. Die Handelskosten, die durch das Rein und Raus der Anleger verursacht werden, tragen die Investoren dagegen selbst. Der ETF-Kauf ge- schieht in aller Regel nämlich über einen Market Maker. Benötigt dieser beispielsweise neue Anteile eines Dax- ETF, liefert er dem ETF-Anbieter die 30 Einzeltitel ein und erhält dafür Fondsanteile. Die Kosten für den Erwerb der 30 Dax-Titel stellt der Market Maker seinen Kunden über die Geld-Brief-Spanne des ETFs in Rechnung. » Die jüngsten Börsenturbu- lenzen haben uns vor Augen geführt, dass die Instrumente zur Liquiditätssteuerung besser früher als später eingeführt werden sollten. « Conrad Ruppel, Hengeler Mueller 412 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 steuer & recht I kapitalanlagegesetzbuch
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