FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020
Was droht, wenn pflichtwidrig nicht aufgezeichnet wird? Es ist dringend davon abzuraten, gebotene Aufzeichnungen zu unterlassen. Die aufsichts- rechtlichen Folgen sind zwar im Zweifel verkraftbar. Beim Taping kommt aber die Beweiswirkung in einem zivilrechtlichen Haftungsprozess mit dem Anleger hinzu. Sofern der Vermittler eine von ihm vorzuhal- tende Aufnahme nicht vorlegen kann, wird das Gericht dies im Zweifel als Beweisver- eitelung werten. Die Folge ist, dass die Be- hauptung des Anlegers, er sei in dem Telefo- nat fehlerhaft aufgeklärt oder beraten worden, als bewiesen gilt. Der Finanzdienstleister ver- liert also den Prozess, auch wenn er tatsäch- lich ordnungsgemäß beraten hat. Kann der Vermittler die Kosteninfor- mationen des Emittenten oder der Depotbank verwenden? Erfreulicherweise ist dies zu bejahen. Die novellierte FinVermV bestimmt ausdrücklich, dass sowohl die Ex-ante- als auch die Ex-post-Informations- pflicht des Vermittlers als erfüllt gilt, wenn der Anleger die erforderlichen Kosteninformationen vom Emittenten oder der Depotbank erhält. Eine Ausnahme besteht nur für vermittlerspezifische Kosten, die in dem bereitgestellten Kosteninformationsblatt nicht aufgeführt sind, etwa ein vom Vermittler zusätzlich in Rechnung gestelltes Außenhono- rar. Voraussetzung für die genannte Erleich- terung ist aber in jedem Fall, dass die Kosten- informationen der Depotbank beziehungs- weise des Emittenten ihrerseits die gesetzli- chen Vorgaben einhalten. Hierauf kann man sich jedenfalls bei Depotbanken – und damit bei offenen Investmentfonds – nahezu aus- nahmslos verlassen. Wann greift die Pflicht, den Kunden ex post über die laufenden Kosten der Anlage zu informieren? Die Ex-post-Kosteninformationspflicht besteht (nur) dann, wenn der Kunde die betref- fende Anlage auf Vermittlung oder Beratung des Finanzanlagenvermittlers erworben hat und zwischen beiden im betreffenden Jahr eine laufende Ge- schäftsbeziehung besteht. Wann eine laufende Geschäftsbeziehung anzuneh- men ist, ist rechtlich jedoch weitest- Foto: © Kanzlei Wirth Rechtsanwälte » Es ist dringend davon abzuraten, gebotene Aufzeichnungen zu unterlassen. « Wirth Rechtsanwälte Norman Wirth gründete seine Kanzlei 1998. Seit 2004 sitzt er zudem im Vorstand des Vermittlerverbands AfW. Die neue FinVermV: Wesentliche Änderungen auf einen Blick Am 1. August 2020 tritt die überarbeitete Finanzanlagen- vermittlungsverordnung (FinVermV) in Kraft. Norman Wirth und Daniel Berger von der Berliner Kanzlei Wirth Rechtsanwälte legen dar, in welchen Paragrafen sich wesentlichen Änderungen ergeben. § 11 (Bestmögliches Interesse): Die Tätigkeit des Finanzanlagenvermittlers muss im „bestmögli- chen Interesse“ des Anlegers ausgeübt werden. Bisher hieß es nur, dass der Gewerbetreibende verpflichtet ist, seine Tätigkeit mit der erforder- lichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissen- haftigkeit im Interesse des Anlegers auszu- üben. § 11a (Interessenkonflikte): Finanzanlagen- vermittler müssen angemessene Maßnahmen treffen, um Interessenkonflikte zu erkennen und zu vermeiden. Dazu sind auf Dauer wirksame organisatorische und verwaltungsmäßige Vor- kehrungen zu treffen und zu dokumentieren. Las- sen sich Interessenkonflikte im Vorfeld nicht vermeiden, sind Vorkehrungen zu treffen, damit sie nicht auf den Anleger durchschlagen. Dies betrifft insbesondere auch Zuwendungen und die Vergütungsstruktur. Mitarbeiter dür- fen beispielsweise nicht in einer Weise vergütet oder be- wertet werden, die mit ihrer Pflicht kollidiert, im bestmög- lichen Kundeninteresse zu handeln. Insbesondere dürfen keine Vereinbarungen über Vergütung und Verkaufsziele getroffen werden, die Mitarbeiter dazu verleiten könnten, einem Anleger eine bestimmte Finanzanlage zu empfeh- len, obwohl sie eine andere Anlage empfehlen könnten, die den Bedürfnissen des Anlegers besser entspricht. § 17 (Qualität der Finanzdienstleistung): Die Annahme und Gewährung von Zuwendungen darf sich nicht nach- teilig auf die Qualität der erbrachten Finanzdienst- leistung auswirken. Darüber hinaus wird kon- kretisiert, dass eine Zuwendung nicht die Ver- pflichtung beeinträchtigen darf, im bestmögli- chen Interesse des Anlegers ehrlich, redlich und professionell zu handeln. § 13 (Ex-post-Kosteninformation): Sofern zwischen dem Finanzanlagenvermittler und dem Anleger eine laufende Vertragsbeziehung besteht (was normalerweise der Fall ist), muss der Vermittler dem Anleger mindestens einmal im Jahr einen Nachweis über die Höhe der damit verbundenen Kosten zur Verfügung stellen. Der Vermittler kann dazu die ihm vom Emittenten oder dem depotverwaltenden Institut zur Verfügung gestellten Kosteninformationen verwenden. § 16 (Geeignetheitsprüfung und Zielmarkt): Der neue Absatz 3b verpflichtet Vermittler, den vom Produktgeber bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. Es muss die Vereinbar- keit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers beurteilt und sichergestellt werden, dass nur eine Finanz- anlage empfohlen wird, wenn dies im Interesse des Anlegers ist. Dabei darf in gut begründeten Ausnahme- fällen eine Anlage auch außerhalb des Zielmarktes ver- trieben werden. § 18 (Geeignetheitserklärung): Das bisher anzufertigen- de Beratungsprotokoll wird durch die Geeignetheitserklä- rung ersetzt. Diese ist dem privaten Anleger bei einer Anlageberatung vor Abschluss des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. § 18a (Taping): Aufzeichnungspflichtig sind Telefon- gespräche und sonstige elektronische Kommunikation (also auch Videogespräche, Skype etc.), sobald sie sich auf die Vermittlung von oder die Beratung zu Finanzan- lagen beziehen. Um das zu gewährleisten, sind entspre- chende technische Vorkehrungen zu treffen. Der Kunde ist vor der Aufzeichnung hierüber zu informieren. Sollte der Kunde sein Einverständnis verweigern, darf eine Beratung oder Vermittlung auf diesem Wege nicht statt- finden. Die Aufzeichnungen müssen revisionssicher gespeichert werden. § 23 (Aufbewahrungspflichten): Die bisherige Pflicht des Gewerbetreibenden, Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem dauerhaften Datenträger fünf Jahre aufzubewahren, wird auf zehn Jahre verlängert. Sie erstreckt sich nun auch auf die Aufzeichnungen von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation. Cloud-Lösungen sind möglich. Quelle: Wirth Rechtsanwälte - - 426 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 steuer & recht I finvermv
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