FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Kunst besteht darin, jene Unternehmen zu fin- den, die in der Lage sind, ein so hohes Wachs- tum über zwei oder drei Dekaden zu generie- ren. Das ist die Art Qualität oder Langlebig- keit von Wachstum, nach der wir suchen. Heuser: Das dürfte im Übrigen kaum mög- lich sein, ohne dass ein solches Unterneh- men über die bereits erwähnten Eintritts- barrieren verfügt. Wolter: Ganz genau, deshalb legen wir beson- deren Wert darauf, dass die Unternehmen in unserem Portfolio über ein möglichst autono- mes Geschäftsmodell verfügen. Zumindest sollten die sogenannten Wechselkosten für sei- ne Kunden angemessen hoch sein. Nicht zu vergessen, dass eine Gesellschaft eine mög- lichst beständige Know-how-Führerschaft auf- weisen und in der Lage sein sollte, sich die Loyalität ihrer Kunden langfristig zu sichern. Heuser: Dennoch, Sie haben es erwähnt, müssen auch Sie bei Ihrem Konzept eine gewisse Volatilität in Kauf nehmen. Stanislawski: Auch unser Fonds ist natürlich nicht von bestimmten Schwankungen der Ka- pitalmärkte ausgenommen. Entscheidend ist aber der Umgang mit solchen Schwankungen beziehungsweise das Verständnis von Volati- lität. Oft wird nämlich die Volatilität gleich- gesetzt mit der Summe der Risiken eines Investments. Das hieße aber den Karren vors Pferd zu spannen und nicht umgekehrt. Denn Volatilität ist doch nur die eine Indikation von Risiko, zusätzlich muss man stets die Qualität eines Unternehmens und dessen Marktbewer- tung zur Gesamtbeurteilung des Risikos her- anziehen. Der Vorteil eines Portfolios liegt ja gerade in der Möglichkeit zur Diversifikation, durch die hohe Schwankungen in dem einen Wert durch geringe oder zeitlich verschobene Schwankungen in einem anderen Wert ausge- glichen werden. Wolter: Deshalb betrachten wir eine gewisse Schwankungsbreite des Aktienkurses eines Unternehmens nicht als problematisch, solan- ge die langfristige Wachstumsstory stimmt. Problematisch wird es bei einer erhöhten Vo- latilität der Erträge. Was wir nicht mögen, das sind Unternehmen, deren Gewinne in einem Jahr um 90 Prozent zurückgehen, um viel- leicht im Folgejahr um 100 Prozent zu stei- gen. Solche Muster deuten darauf hin, dass es sehr schwer ist zu verstehen, wohin das Un- ternehmen sich langfristig entwickeln kann. Heuser: Die Performanceanalyse Ihres Fonds legt nahe, dass ein gewisses Muster existiert. Der Fonds scheint in Abwärts- märkten eine gewisse Outperformance zu erzielen, in Aufwärtsmärkten aber hinter Index und Vergleichsindex zurückzublei- ben. Woher kommt das? Stanislawski: Generell lässt sich sagen, dass die Unternehmen im Magellan-Fonds dazu tendieren, in seitwärts und abwärts tendieren- den Märkten deutlich widerstandsfähiger zu bleiben als andere. Die Gewinne unserer Qua- litätsunternehmen sind stabiler und vorherseh- barer, weil sie die genannten Eintrittsbarrieren und Wettbewerbsvorteile aufgebaut ha- ben. Von daher weist die Performance des Portfolios traditionell einen eher defensiven Charakter auf. Andererseits ist es keineswegs so, dass unsere Un- ternehmen nicht auch von einer guten Wirtschaftsentwicklung und entspre- chend starken Märkten profitieren würden. Nur entwickeln sie sich in einer Erholungs- phase oft eben nicht ganz so stark wie zum Beispiel ein Stahlunternehmen, das nach einer eventuellen Beinahe-Pleite aus welchen Grün- den auch immer aus der Verlustzone heraus- kommt und wieder gute Gewinne aufweist. Dafür geraten unsere Unternehmen erst gar nicht in eine solche Situation. Wolter: Andererseits macht das unseren Fonds gerade für einen langfristig orientierten Inves- tor insofern interessanter, als der eben nicht die Eintagsfliege bei der Performance sucht, die im nächsten Jahr wieder entfleucht sein wird. Denn dieser Anleger sucht ja gerade nach einer langfristig überdurchschnittlichen Performance bei gleichzeitig typischerweise geringerer Volatilität. Dass wir genau das be- herrschen, haben wir in der inzwischen 25-jäh- rigen Zeitspanne, in der Comgest diesen Fonds managt, mehrfach unter Beweis gestellt. Heuser: Auffällig ist allerdings eine aus- geprägte Performanceschwäche im Jahr 2018. Was war das Problem? Stanislawski: Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurückblicken, dann war 2018 tatsäch- lich ein untypisch schwieriges Jahr für uns, wenn nicht das schwierigste in der Geschichte des Fonds. Ohne jetzt auf spezifische Einzel- werte einzugehen, mussten wir erfahren, dass sich nicht alle Investments so entwickeln, wie wir das erwartet hatten. Entscheidend ist, in einer solchen Situation nicht zu versuchen, das eigene Konzept sozusagen zu revolutio- nieren oder gar über den Haufen zu werfen, sondern die Fehler, die gemacht wurden, rich- Wojciech Stanislawski: „Qualität definiert sich nach unserem Verständnis über die Fähigkeit eines Unternehmens, ein überdurchschnittliches Wachstum seines Gewinns je Aktie über einen langen Zeitraum zu generieren.“ 96 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » 2018 war tatsächlich ein untypisch schwieriges Jahr für uns, wenn nicht das schwierigste in der Geschichte des Fonds. « Wojciech Stanislawski, Comgest KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © François Daburon

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