FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020
keine Hinweise darauf, dass das bestehende System negative Auswirkungen hat“, erklärte Sebastian Brehm, haushalts- und finanzpoli- tischer Sprecher der CSU im Bundestag und Vorsitzender der MIT-Steuerkommission. „Wir sollten deshalb entweder beim bisheri- gen System bleiben oder bundesweit einheit- lich die Zuständigkeiten auf die Industrie- und Handelskammern übertragen“, so Brehm. Doch trotz Kritik aus vielen Richtungen hat die Ablehnungsempfehlung des Wirtschafts- ausschusses im Bundesrat keine Mehrheit ge- funden. Angenommen wurden lediglich die deutlich moderateren Empfehlungen des Fi- nanzausschusses. Daher fordert der Bundesrat die Bundesregierung nun auf, den tatsächli- chen Personalbedarf und die jährlichen Kos- ten, die durch den Aufsichtswechsel entstehen würden, erneut zu prüfen. Zudem soll im wei- teren Gesetzgebungsverfahren auch eine zwei- stufige Lösung geprüft werden, an der sowohl die Bafin als auch die bisherigen Aufsichts- behörden beteiligt sein könnten. Mit einem Modell dieser Art, bei dem die operative Aufsicht ausschließlich in Händen der IHKen läge und die Bafin quasi als über- geordnete Kontrollinstanz fungieren würde, könnte sich auch der AfW anfreunden. Gegen den aktuellen Entwurf macht der Vermittler- verband hingegen mobil. Abgeordnete kontaktieren Der Verband steht dem Regelwerk in vielen Punkten kritisch gegenüber. Vor allem aber glaubt er nicht an die im Referentenentwurf bezifferten Kosten von knapp 1.000 Euro pro Vermittler im Jahr. „Die Prämissen der Bun- desregierung für die Berechnung der Kosten sind falsch“, erklärt Norman Wirth, der ge- schäftsführende Vorstand des AfW. Stattdes- sen rechnet der AfWmit einer durchschnittli- chen Belastung von jährlich über 4.000 Euro. Um den Aufsichtswechsel doch noch zu ver- hindern, hat der Verband die Vermittler dazu aufgerufen, sich an ihre jeweiligen Bundes- tagsabgeordneten zu wenden und ihnen die praktischen Auswirkungen darzulegen (siehe auch die Meldung auf Seite 44). Udo Heißwolf ist längst in Aktion getreten. Der Finanzanlagenvermittler aus Schwaig bei Nürnberg hat sich bereits Ende März mit einem Schreiben an die SPD-Bundestagsabgeordne- ten gewandt, um seine Position zum geplanten Aufsichtswechsel klarzumachen. „Die jähr- lichen Prüfkosten belaufen sich jetzt schon auf rund 1.000 Euro, und die wenigsten Vermittler dürften sechsstellige Jahresumsätze schrei- ben“, sagt Heißwolf. Wenn sich die Kosten vervierfachen sollten, dann würde selbst ein Vermittler mit einem gut gerechneten Umsatz von 80.000 Euro im Jahr fünf Prozent nur für die Aufsicht zahlen, rechnet Heißwolf vor. „Das Schlimmste daran ist die Erodierung von geschätzten 50.000 Arbeitsplätzen, da wohl etwa die Hälfte der derzeit rund 38.000 Vermittler das Handtuch schmeißen und damit natürlich auch eventuelle Angestellte ihren Job verlieren werden“, sagt Heißwolf. Und das ohne jede Notwendigkeit. „Unter dem aktuellen Aufsichtsregime ist es nie zu Missständen gekommen“, sagt Heiß- wolf. „Was spricht also dafür, jetzt von einer funktionierenden Aufsicht unter das Dach der Bafin zu wechseln?“, fragt er. Das fragen sich auch viele andere Vermittler, Berater, Verbän- de, der DIHK – eben all jene, die das Gesetz nicht wollen. ANDREA MARTENS | FP Auch ohne den Segen des Bundesrates: Was es mit Einspruchsgesetzen auf sich hat Votum des Bundesrates: Nach dem aktuellen Zeitplan wird sich der Bundesrat Anfang Juli 2020 in zweiter Beratung mit dem „Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagen- berater auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- aufsicht“ beschäftigen, das zuvor vom Bundestag verab- schiedet werden soll. Falls die Länderkammer das Gesetz wider Erwarten doch noch ablehnt, ist die Sache damit noch nicht vom Tisch. Der Bundestag könnte das Regel- werk unter Umständen trotzdem in Kraft setzen, denn das Gesetz ist ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Einspruchsgesetze: In Deutschland werden alle Bundes- gesetze vom Bundestag beschlossen. Zustimmungs- bedürftige Gesetze brauchen auch im Bundesrat eine Mehrheit, Einspruchsgesetze nicht. Zustimmungsbedürftig sind nur bestimmte Gesetze, für die das Grundgesetz ausdrücklich eine Zustimmungspflicht vorschreibt, etwa weil sie die Verfassung ändern oder aber Auswirkungen auf die Finan- zen der Länder haben. Alle anderen Gesetze sind Einspruchsgesetze. Vermittlungsausschuss: Bei Ein- spruchsgesetzen kann der Bundes- rat verlangen, dass der Vermitt- lungsausschuss angerufen wird. Dieser wird zu gleichen Teilen von Bundestag und Bundesrat besetzt. Nach Ende eines Vermittlungsverfahrens kann der Bundesrat gegen das Gesetz einen Einspruch einlegen oder es passieren lassen. Kommt es zu einem Einspruch, so kann der Bun- destag diesen mit einer Mehrheit überstimmen und damit das Gesetz doch noch beschließen. Einfache Mehrheit oder Zweidrit- telmehrheit: Erhebt der Bundesrat mit einer einfachen Mehrheit Ein- spruch, bedarf es im Bundestag der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder, um das betreffende Gesetz in Kraft treten zu lassen. Stützt der Bundesrat seinen Einspruch auf eine Zweidrit- telmehrheit, dann ist im Bundestag ebenfalls eine Zwei- drittelmehrheit der anwesenden Mitglieder notwendig, um das Gesetz letztlich doch noch zu beschließen. Norman Wirth, AfW: „Die Prämissen der Bundesregie- rung für die Berechnung der Kosten sind falsch.“ Udo Heißwolf: „Das Schlimmste an einem Aufsichts- wechsel wäre die Erodierung von Arbeitsplätzen.“ Foto: © Udo Heißwolf, AfW, Bundesrat | Dirk Deckbar Blick in den Bundesrats-Plenarsaal während einer Sondersitzung. 420 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 steuer & recht I bafin-aufsicht
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