FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020
potenziell zu extrem großen Verlusten füh- ren könne, sodass für den Fiskus keine Steuer mehr übrig bliebe, wenn diese Verluste mit Gewinnen aus allen anderen Kapitalerträgen verrechnet werden dürf- ten“, vermutet er. Das sei natürlich Unfug. Die Unterscheidung der Verlustverrech- nungstöpfe eins und zwei beschäftigt daher aktuell auch den Bundesfinanzhof (Az. VIII 11/18). Bis eine Entscheidung gefallen ist, bleibt es aber dabei. Zu viel gezahlte Steuer Im Lauf eines Jahres rechnet die depot- führende Stelle nun regelmäßig Verluste gegen Erträge. Auf Letztere führt sie erst dann Abgeltungsteuer an das Finanzamt ab, wenn nach der Verlustanrechnung die Gewinne den Sparerpauschbetrag über- schreiten. Stellt sich im Nachhinein her- aus, dass zu viel Steuer abgeführt wurde, lässt die Bank sich die entsprechende Summe für den Anleger erstatten. Wer also etwa im Januar dieses Jahres noch Fonds mit Gewinn verkauft und darauf Abgeltungsteuer bezahlt hatte, bekommt diese automatisch ganz oder anteilig zurück, wenn er eventuell im März mit einem Panik- verkauf ein Minus eingefahren hat. Verbleiben am Jahresende Verluste, so werden diese ins nächste Jahr vorgetragen. Ein Verlustrücktrag in vorangegangene Jahre ist bei Einkünften aus Kapitalvermögen, anders als bei anderen Einkunftsarten, nicht möglich. „Haben Ehepaare Einzeldepots bei einer Bank, dann verrechnet das Institut Verluste auch zwischen den beiden Konten“, sagt Steuerexperte Knorr. Dies geschieht auto- matisch, sofern die Partner einen gemein- samen Freistellungsauftrag eingereicht haben. Selbst wenn das Paar zusammen null Euro freistellt, weil es seinen gemein- samen Sparerpauschbetrag in Höhe von 1.602 Euro an anderer Stelle nutzen möchte, funktioniert die depotübergrei- fende Verlustverrechnung. Zudem können die Partner den ihnen zustehenden Gesamtfreibetrag auch nach Belieben aufteilen. Ist dies der Fall, so be- rücksichtigt die Bank bei der Verrechnung, die immer am Jahresende erfolgt, die 1.602 Euro zunächst jeweils zur Hälfte für jeden Ehegatten. Hat ein Partner etwa nur Verluste realisiert, so wird sein Anteil voll auf die Gewinne des anderen angerechnet. Danach schmälert das Minus des einen Ehegatten das Plus auf der anderen Seite. Nun haben allerdings bei Weitem nicht alle Anleger – ob gemeinsam mit dem Partner oder allein – ihre Wertpapierdepots nur bei einer einzigen Bank. Sind Fonds und Einzeltitel auf Depots bei verschiede- nen Instituten verteilt, muss der Inhaber sich um eine übergreifende Verlustverrechnung selbst kümmern. „Dafür braucht er von jeder Bank und für jedes Depot eine Verlustbeschei- nigung“, sagt Knorr. Diese ist bis zum 15. De- Ulf Knorr, Ecovis: „Verluste aus Kapitalvermögen werden verschie- denen Verlustverrechnungstöpfen zugeordnet.“ Neue Zeitrechnung: Verluste nach dem reformierten Investmentsteuergesetz Das neue Investmentsteuergesetz ist am 1. Januar 2018 in Kraft getreten. Es hat für die Besteuerung von Gewin- nen aus Fondsveräußerungen erhebliche Änderungen mit sich gebracht. Nicht zu vergessen ist dabei: Was für Gewinne gilt, ist andersherum auch bei Verlusten zu beachten. Steuer auf Fondsebene: Zum 1. Januar 2018 hat der deutsche Gesetzgeber die steuerliche Belastung hiesiger Publikumsfonds an die Rege- lungen angepasst, die für ausländische Fonds in Bezug auf ihre in Deutschland erwirtschaf- teten Erträge gelten. Seitdem zahlen deutsche Publikumsfonds auf in Deutschland erzielte Dividenden, Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent. Teilfreistellungen: Um für Fondsanleger einen Ausgleich zu schaffen, sieht das Gesetz sogenannte Teilfreistellungen vor, die einen gewissen Prozentsatz der laufenden Erträge und Veräußerungsgewinne steuerfrei stellen. In der Höhe variieren die Teilfreistellungssätze je nach Art des Fonds. Wer in Mischfonds mit einer fort- laufenden Kapitalbeteiligungsquote von mindestens 25 Prozent investiert ist, erhält auf seine Erträge eine steuerliche Teilfreistellung von 15 Prozent. Liegt die Quote von Aktien- oder Immobilieninvestments eines Fonds fort- laufend bei mindestens 51 Prozent, bleiben 30 Prozent der Erträge steuerfrei. Bei offenen Immobilienfonds sind es 60 Prozent. Liegt der Investitionsschwerpunkt im Aus- land, beläuft sich der Teilfreistellungssatz auf 80 Pro- zent, sofern mindestens 51 Prozent des Fonds- vermögens in ausländischen Immobilien oder Immobiliengesellschaften investiert sind. Für Ren- tenfonds ist keine Teilfreistellung vorgesehen, da diese auf Fondsebene keine Steuern zahlen. Fiktiver Verkauf und Kauf: Um den Übergang vom alten in das neue Steuersystem zu bewerk- stelligen, haben die Depotbanken alle Fonds- anteile am 31. Dezember 2017 fiktiv verkauft und am 1. Januar 2018 fiktiv wieder angeschafft. Ein etwaiger fiktiver Veräußerungsgewinn blieb steuerfrei. Der neue Anschaffungswert wurde für die Ermittlung eines künftigen – dann eventuell steuer- pflichtigen – Veräußerungsgewinns im System hinterlegt. Alt-Anteile: Das Investmentsteuergesetz definiert sämt- liche Fondsanteile, die vor dem 1. Januar 2018 erworben worden sind, als Alt-Anteile. Solche, die Anleger schon vor dem 1. Januar 2009 gekauft haben, werden als „ehe- mals bestandsgeschützte Alt-Anteile“ bezeichnet. Der Grund: Bis zu diesem Zeitpunkt waren Veräußerungs- gewinne nach einer Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer am 1. Januar 2009 entfiel dieses Privileg, der Gesetzgeber gewährte für Alt-Anteile aber Bestandsschutz. Diesen hat das neue Investmentsteuergesetz gekappt. Werden ehe- mals bestandsgeschützte Alt-Anteile verkauft, bleibt nur ein Gewinn aus dem fiktiven Verkauf steuerfrei. Für nach dem 1. Januar 2018 realisierte Kursgewinne fällt Abgel- tungsteuer an. Allerdings gilt zunächst gegebenenfalls eine Teilfreistellung, danach ein Freibetrag von 100.000 Euro. Bei Verlusten wie bei Gewinnen: Ebenso wie für Ver- äußerungsgewinne, die Anleger mit Fondsanteilen nach dem 1. Januar 2018 erzielen, gelten die Teilfreistellungen auch für nach diesem Datum realisierte Kursverluste. Dies trifft auch auf alle Alt-Anteile zu. So erkennt das Finanzamt etwa Verluste aus der Veräußerung eines Aktienfonds nicht mehr zu 100 Prozent, sondern nur noch zu 70 Pro- zent an. Hat der fiktive Verkauf zu Verlusten geführt, so dürfen diese bei Fondsanteilen, die nach dem 1. Januar 2009 erworben wurden, voll verrechnet werden. Bei An- teilen, die vor diesem Datum gekauft wurden, ist das nicht der Fall. Denn bei solchen Fondsanteilen wäre auch ein fiktiver Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig. G B D I - - s E Foto: © Ecovis 426 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 steuer & recht I verlustverrechnung
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