FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

mir das zu nah an meiner alten Welt war. Vor fünf Jahren lebte ich ein Jahr in Kali- fornien, genauer im Silicon Valley und am Silicon Beach bei Los Angeles. Damals haben mich die Amerikaner gefragt: Mit deinem Hintergrundwissen, deinem Know-how, deiner Erfahrung und deinem Netzwerk – warum investierst du in so viele Start-ups, aber nicht in Insurtechs? Sie hatten recht, und daraufhin habe ich mich entschieden, das zu ändern. Warum fiel die Wahl auf Neodigital und nicht auf einen anderen Versicherer? Maschmeyer: Weil Neodigital der Bafin- regulierte Versicherer in Deutschland ist, der die Digitalisierung amweitesten voran- getrieben hat. 99,6 Prozent der Prozesse sind automatisiert. Wir, mein Team und ich, schauen uns den ganzen Markt inten- siv an und haben uns auch mit anderen Start-ups getroffen. Offen gesagt, die Ver- antwortlichen sind häufig nette junge Mar- keting- oder IT-Leute, die aber kein tiefes Verständnis von Versicherungen an sich haben. Das Team von Neodigital hat dage- gen vorher bei der Baden-Badener Versi- cherung gearbeitet und alle Schritte vom Antrag über die Policierung bis hin zur Schadenabwicklung als Profitcenter verant- wortet. Das ist der Unterschied: Ist jemand gut im Marketing und kann ein tolles Frontend bauen? Oder beherrscht er die Versicherung als Ganzes – also auch Backend – und das auch noch digital? Herr Voss, was ist die Rolle von Herrn Maschmeyer? Mischt er sich auch ins operative Geschäft ein? Voss: Herr Maschmeyer ist nicht im Auf- sichtsrat von Neodigital. Dort sitzt für Alstin Capital sein Partner Clemens von Bergmann.Wir sind eine regulierte Aktien- gesellschaft, Herr Maschmeyer will und dürfte sich daher nicht operativ ein- mischen. Wir sind als Vorstand aber frei, unsere Investoren nach Impulsen zu fragen. Und das tun wir gern. Maschmeyer: Ich bin an insgesamt 80 Start- ups beteiligt. Mein Team und ich sehen unsere Aufgabe nicht in der operativen Mitarbeit. Das wollen wir auch gar nicht. Unsere Aufgabe ist es, mit der Außen- perspektive zu helfen und wertvolle Anre- gungen zu geben. Es passiert daher auch, dass ich anrufe, nachdem mir anderntags eine Idee gekommen ist – zum Beispiel mit wem sich aktuell noch Kooperationen anbieten oder ob Entwicklungen aus den USA auch hier funktionieren können. Die meisten Gründer sind so sehr damit be- schäftigt, was sie operativ imUnternehmen verbessern können, dass sie leicht aus dem Blick verlieren, was andere strategisch oder für die Expansion tun. Voss: Es geht darum, eine andere Meinung zu hören, um über den eigenen Horizont hinaus zu blicken – speziell wenn es um die strategische Entwicklung geht.Das sind Diskussionen, die man intern kaum führen kann, weil man in der eigenen Gruppe » Ich fühle mich ein bisschen wie ein Gründervater. « Carsten Maschm eyer, Mas chmeyer Group fondsprofessionell.de 3/2020 247

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