FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020
bis zu 170 Handelsvertretern. „Es zeigte sich, dass die Führung eines solchen Ver- triebs sehr schwierig ist“, sagt Müller. „Da- rum el die Entscheidung, nur noch mit fest angestellten Beratern aus der Zentrale heraus zu agieren. Das war sicherlich rich- tig, allerdings ging dadurch ein Stück weit die Nähe zum Kunden verloren. Die möchten wir nun wieder sicherstellen.“ Mittlerweile stehen die Zeichen im Pri- vatkundenvertrieb jedenfalls auf Expansion. Als Müller vor zweieinhalb Jahren ins Un- ternehmen kam, arbeiteten 14 Berater für Ökoworld, aktuell sind es 16. „In unserer Erlebniswelt haben wir fünf Plätze mehr eingeplant, die möchten wir zeitnah beset- zen“, sagt er. „Wenn wir an Konzepte wie Homeo ce, Teilzeit oder Schichtmodelle denken, könnten wir bis zu 40 Beraterin- nen und Berater beschäftigen.“ Neue Kräfte sind nötig, schließlich ver- folgt Müller einen ehrgeizigen Plan. „Unser Ziel ist es, binnen fünf Jahren das betreute Volumen zu verdoppeln und 10.000 neue Kunden zu gewinnen“, sagt er. Aktuell zählt sein Team 55.000 Kunden, die rund 200 Millionen Euro in Fonds investiert haben – direkt und via Fondspolicen. Das Ziel klingt ambitioniert, doch die Kundengewinnung bereitet Müller keine Sorgen: „Es ist ein B2C-Paradies: Wir müssen die Kunden nicht aufwendig wer- ben, sie kommen tatsächlich auf uns zu!“, berichtet er. „Anfangs konnte ich das selbst kaum glauben: Die Kunden suchen im Internet nach einer nachhaltigen Geldanla- ge, stoßen auf uns und füllen das Kontakt- formular auf unserer Website aus.“ Umso erstaunlicher, dass nicht schon mehr Fi- nanzvertriebe die Chancen entdeckt haben, die eine Spezialisierung auf ethisch-ökolo- gische Investments o ensichtlich birgt. Regulierung als Gefahr? Oder sieht die Zukunft der Finanzver- triebe aus der Ökonische womöglich doch nicht so rosig aus? Voraussichtlich ab Herbst 2021 müssen Anlageberater ihre Kunden schließlich ohnehin fragen, ob sie ihr Geld nicht lieber nachhaltig investiert wissen wollen – so schreibt es eine Ergän- zung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mi d II vor. Dann sind ESG-Fonds vielleicht gar nichts Besonderes mehr, sondern vielmehr der Standard. Mehrwert-Gründer Baer sieht in den Vorgaben aus Brüssel dennoch keine Gefahr für sein Geschäftsmodell. „Künftig werden zwar alle Banken und Vermittler ihren Kunden ESG-Fonds anbieten“, räumt er ein. „Aber das wird in den wenigsten Fällen eine echte, nachhaltige Finanzbera- tung sein. So etwas funktioniert nur, wenn der Berater sich wirklich auf dieses Thema einlassen möchte – und das lässt sich nun mal nicht von oben verordnen.“ BERND MIKOSCH FP » Es ist ein B2C- Paradies: Wir müssen die Kunden nicht aufwendig werben, sie kommen tatsächlich auf uns zu! « Torsten Müller, Ökoworld Ein Haftungsdach für die nachhaltige Anlageberatung In der Nische der ökologisch-ethischen Finanz- beratung sind nicht nur einige Vertriebe mit Gewerbeerlaubnis unterwegs, es gibt auch ein spezialisiertes KWG-Haftungsdach: Qualitates aus Darmstadt. Gründung: Das Haftungsdach wurde von 2008 bis 2010 von den heutigen Geschäftsführern Marcel Malmendier und Frank Härtling-Molhelm sowie fünf weiteren Beratern vorbereitet. 2011 ging das Unternehmen an den Start. Zusammen mit den Gründern, die alle auch Berater sind, zählt Qualitates heute 15 Vermittler und Berater. Ziel des Haftungsdachs ist es, nachhaltige Invest- ments zu fördern und Geschäftsmodelle von Be- ratern zu unterstützen, die sich auf die nachhal- tige Geldanlage spezialisiert haben. Bafin-Lizenz: Qualitates verfügt über eine Erlaubnis als Finanzdienstleistungs- institut nach Paragraf 32 Kreditwesen- gesetz (KWG). Diese hat das Unterneh- men beantragt, da die Gründer den angeschlos- senen Beratern die Möglichkeit geben möchten, nicht nur Fonds zu vermitteln, sondern über das gesamte Investmentuniversum beraten zu kön- nen. Nur auf diese Weise, so die Auffassung, kön- ne nachhaltige Geldanlage umfassend gelingen. Dienstleistungen: Unter dem Qualitates-Dach sollen das Research und die Kontakte der ein- zelnen Berater zusammengeführt werden. Das Anlagegremium des Haftungsdachs, das für alle Berater und Vermittler offen ist, übernimmt die Prüfung der Nachhaltig- keit von Investments. Darüber hinaus en- gagiert sich Qualitates bei Fondsanbietern für eine nachhaltigere Investmentpolitik. Das Un- ternehmen versteht sich eindeutig nicht als Fi- nanzvertrieb, sondern agiert als Dienstleister im Hintergrund. Alle Kunden der angeschlossenen Berater sind und bleiben deren Kunden – auf die- se Beziehungen wirkt Qualitates nicht ein. VERTRIEB & PRAXIS Finanzberatung FOTO: © ÖKOWORLD, HTTPS://STREAMLINEICONS.COM 330 fondsprofessionell.de 3/2020
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