FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Bundesbank ablesen lassen. Schon die aktuelle „Bankstellenstatistik“, die bis Ende 2019 reicht, zeichnet ein düsteres Bild: Demnach gab es zum Stichtag 31. Dezem- ber noch 26.667 Zweigstellen – fast 12.000 weniger als zehn Jahre zuvor. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Filialen im Schnitt um sechs Prozent pro Jahr gesunken. In den kommenden Jahren dürfte sie sogar um acht Prozent jährlich schrumpfen, prognos- tiziert das Beratungshaus Investors Marke- ting. Ihr Chef Oliver Mihm rechnet damit, dass es 2025 nur noch 16.000 Zweigstellen geben wird. Den „beschleunigten Abbau- e ekt durch Corona“bezi ert er auf 3.500. Behält er recht, gibt es 2025 nur noch halb so viele Geschäftsstellen wie 2016. Neue Wege Mihm rät Banken und Sparkassen daher, den Kontakt zum Kunden neu zu denken. Auch für die Kundengewinnung seien andere Wege als die Filiale nötig. Dem In- vestors-Marketing-Chef zufolge haben sich die meisten Kunden schon daran gewöhnt, viele Bankgeschäfte rein über digitale oder telefonische Kanäle zu erledigen. „2025 wird ein Drittel der Beratungen über me- diale und digitale Kanäle erfolgen“, schätzt er. Für komplexere Beratungsanfragen wür- den Kunden dennoch größere Geschäfts- stellen aufsuchen. Auch TI&M-Experte Roßbroich ist da- von überzeugt, dass die Filiale für beratungsintensive Leistungen eine wichtige Anlaufstelle bleibt. „Natür- lich gab es einen Boom beim On- linebanking – und dieser wird sich künftig sogar noch verstärken. Aber die Filiale ist deshalb nicht tot.“ Er verweist auf die Ergebnisse der Um- frage, die sein Haus in Auftrag gege- ben hat (siehe Gra k rechts): „Egal ob jung oder alt, rund jeder zweite Befragte hält den persönlichen Kon- takt vor Ort zu einem Bankmitar- beiter für unverzichtbar.“ Seiner Meinung nach übertragen gerade die jungen Kunden ihre Erwartungshal- tung aus dem E-Commerce auf die Ban- kenwelt: „Sie wollen einen schnellen und transparenten Service auf Knopfdruck.Und wenn sie mal nicht von allein weiterkom- men, möchten sie in der Filiale genau an dem Punkt in der Beratung weitermachen, wo sie zu Hause aufgehört haben.“ Wie gut sich die Kunden schon mit der neuen Welt arrangiert haben, lässt sich exemplarisch am Fondsabsatz ablesen. Frü- her war das Zeichnen eines Investment- fonds fast immer mit einem Gang in die Filiale verbunden. Dem ist o ensichtlich nicht mehr so. Das Wertpapiergeschäft litt augenscheinlich kaum unter der Tatsache, dass viele Geschäftsstellen wochenlang ge- schlossen waren: Sowohl die Deka als auch Union Investment berichten von erstaun- lich guten Geschäften im ersten Halbjahr. Die Deka sammelte bei Privatanlegern unterm Strich stolze 6,9 Milliarden Euro ein, 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeit- raum. Außerdem schloss das Wertpapier- haus der Sparkassen rund 356.000 neue Sparpläne ab, gut 150.000 mehr als im ersten Halbjahr 2019. Ähnlich sieht es bei Union Investment aus: Die Privatkunden der Volks- und Rai eisenbanken vertrauten dem Asset Manager des genossenschaft- lichen Finanzsektors in den ersten sechs Monaten dieses Jahres netto immerhin 3,7 Milliarden Euro an. Gestützt wurde dieses Geschäft sicherlich von der Tatsache, dass sich die Börse nach dem Corona-Crash sehr schnell wieder er- holte. Ob sich die Anleger auch in einer ausgeprägten Baisse mit E-Mails, Telefon- und Videoberatung zufriedengeben wür- den oder ihrem Berater in einem solchen Fall lieber doch persönlich gegenübertre- ten möchten, muss sich erst noch zeigen. Vermummt in die Bank Momentan wäre eine Beratung von Angesicht zu Angesicht ohne- hin schwierig – in den meisten Bundesländern herrscht in Banken Maskenp icht.Das ist übrigens eine dieser durch Corona erzwungenen Verhaltensänderungen, die sich nicht schon seit Langem abzeich- net: Dass man eine Bank liale nur noch vermummt betreten darf, hät- te zu Jahresbeginn wohl niemand erwartet. BERND MIKOSCH FP » Das Online- und Mobile Banking hat in der Corona-Pandemie seine Feuertaufe bestanden. « Christof Roßbroich, TI&M Online first: Gewünschte Abwicklung von Bankangelegenheiten in Zukunft* Ich möchte weiterhin möglichst viele Bankgeschäfte online erledigen. 76 % Statt die Filiale aufzusuchen, möchte ich telefonisch/per Video mit einemMitarbeiter sprechen. 58 % Der persönliche Kontakt vor Ort zu einem Bankmitarbeiter ist für mich unverzichtbar. 53 % Der persönliche Kontakt bleibt wichtig – trotz Digitalisierung. Quelle:TI&M |*Umfrageunter1.000Bundesbürgern imJuni2020 (Antworten „Trifftzu“und „Triffteherzu“) BANK & FONDS Filialabbau 390 fondsprofessionell.de 3/2020 FOTO: © TI&M

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