FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

waren keine echte Konkurrenz“, berichtet Branchenkenner Mihm. „Die Finanzkrise 2008 und 2009 hat schwer am Nimbus etablierter Finanzinstitute gerüttelt und das Vertrauen in Banken stark in Frage gestellt.“ Bis heute würden den Kunden oftmals vertrauensfördernde Faktoren wie Fairness oder Wertschätzung fehlen, auch wenn die rationale Leistung gut bewertet wird. Nicht mehr erste Wahl Hinzu kommt die Digitalisierung. Diese brachte größere Transparenz in den Markt. Über Vergleichsportale lassen sich praktisch auf Knopfdruck verschiedene Angebote nebeneinander betrachten, während früher Interessenten die Informationen bei der Bank erfragen und die Konditionen im Detail vergleichen mussten. So gaben bei der Investors-Marketing- Umfrage von vor zehn Jahren noch 45 Pro- zent der Kunden an, dass sie als Erstes zu ihrer Hausbank gehen. Heute suchen sie zuerst online. Immerhin beziehen aber noch 42 Prozent der Teilnehmer ihre Hausbank bei der Suche nach einem neuen Finanzprodukt mit ein. Ob das Stamminstitut aber erste Wahl ist, hängt stark vom jeweiligen Produkt ab. Rangiert bei Kreditkarten oder Tagesgeldkonten die Hausbank noch bei 60 beziehungsweise 56 Prozent der Befragten ganz vorn, sind es bei den Bereichen Bau nanzierung, Wert- papiere sowie Altersvorsorge und Versiche- rungen weniger als die Hälfte der Teilneh- mer (siehe Gra k „Schwindende Treue“auf der folgenden Seite). Das Beispiel des Wertpapiergeschäfts ver- deutlicht das Potenzial wie auch die Pro- bleme. An sich erscheint der Markt groß. Auf rund zehn Milliarden Euro Ertrags- potenzial pro Jahr für die Banken taxiert die Unternehmensberatung Oliver Wyman den Wertpapiermarkt für Privathaushalte in Deutschland. „Eigentlich sollte beim ak- tuellen Zinsniveau das Wertpapiergeschäft boomen“, meint auch Investors-Marketing- Mann Mihm. „Es ist jedoch nach wie vor von einer Abneigung der Kunden gegen- über Wertpapieren geprägt.“ 50 Prozent Steigerung So ergab die Umfrage der Frankfurter Beratungsgesellschaft, dass nur 22 Prozent der Befragten bereit wären, in Wertpapiere zu investieren. Trotz des anhaltenden Nied- rigzinsniveaus lehnen mehr als 40 Prozent den Kauf von Aktien, Anleihen und Fonds rundweg ab. Bei einem Anlagevermögen von weniger als 2.500 Euro ist die Ableh- nung mit 60 Prozent noch größer. „Die Gründe hierfür bestehen in der grundsätzlichen Risikoaversion der Deut- schen, den anhaltenden Nachwehen der Finanzkrise sowie der Angst vieler Men- schen, etwas falsch zu machen und Geld zu verlieren“, erläutert Mihm. „Für Banken und Sparkassen steigt jedoch die Bedeu- tung des Wertpapiergeschäfts als wichtige Ertragsquelle.“ Die Erträge im Wertpapier- geschäft könnten bis 2025 um 50 Prozent gesteigert werden, prophezeit der Experte. Pro tieren würden aber nur die Anbieter, die dieses Geschäftsfeld mit hoher Priorität und angemessenen Investitionen systema- tisch entwickeln. Hier liegt einiges im Argen. So sagte bei der Investors-Marketing-Erhebung fast die Hälfte der Kunden, die keine Wertpapiere besitzen, noch nie von ihrer Bank auf diese Anlageform angesprochen worden zu sein (siehe Gra k links). „Wertpapiere gehören zum klassischen Verkaufsgeschäft: Kunden müssen konsequent angesprochen und überzeugt werden“, erläutert Mihm. In vie- » Für Banken und Sparkassen steigt die Bedeutung des Wert- papiergeschäfts als wichtige Ertragsquelle. « Oliver Mihm, Investors Marketing Seltene Offerte Zustimmung von Bankkunden zu folgenden Aussagen: Kunden ohne Wertpapiere Kunden mit Wertpapieren Ich bin noch nie von meiner Hausbank 47 % auf Wertpapiere angesprochen worden 26 % Zu Wertpapieranlagen wende ich mich 38 % als Erstes an meine Hausbank 33 % Meine Hausbank kann mich zu 28 % Wertpapieren kompetent beraten 34 % Ich bin interessiert an Wertpapieren, aber 13 % es fällt mir schwer, mich zu entscheiden * Mir wäre es am liebsten, wenn die Bank 13 % die Anlageentscheidung trifft 13 % Ich kann mir vorstellen, ein höheres Risiko 10 % einzugehen, um mehr Rendite zu erzielen 20 % Auf das Wertpapiersparen wurden viele Kunden von ihrer Hausbank noch nicht angesprochen. Damit liegt Ertragspotenzial brach. Mehrfachnennungenmöglich |*nichtabgefragt Quelle: InvestorsMarketing BANK & FONDS Wertpapiergeschäft FOTO: © INVESTORS MARKETING 394 fondsprofessionell.de 3/2020

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