FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020
len Häusern funktioniere das traditionell über die persönliche Beziehung zwischen Berater und Kunde. Der Verkauf und die Kundenansprache müssten allerdings insbesondere im Mengengeschäft immer stärker über zentrale Marktbearbeitungs- mechanismen statt über einen persönlich zugeordneten Berater erfolgen. „Damit tun sich die meisten etablierten Anbieter schwer, auch bei weniger komplexen The- men als demWertpapiergeschäft“, berichtet Branchenkenner Mihm. Ausnahmeerfolg Obendrein haben die klassischen Geld- institute bei Wertpapieren die Gruppe der Selbstentscheider praktisch verloren. „Filial- banken gründeten eigene Onlinebroker. Die Idee war, in dem Feld mit einem eige- nen Markenauftritt aufzutreten, ohne das bestehende Geschäft zu kannibalisieren“, sagt René Fischer, Partner bei Oliver Wyman. „Mit dieser Strategie war aber letztlich nur ein Akteur erfolgreich.“Denn einer Analyse der Unternehmensberatung zufolge etablierte sich im deutschen On- linebrokerage nur der Commerzbank- Ableger Comdirect neben der Consors- bank und der ING im Markt. Die Deut- sche Bank sowie die Spar- kassen und Genossenschafts- banken konnten mit ihren Direktbrokern kein großes Volumen einsammeln. „Mit den bestehenden Bro- kermodellen der Filialbanken lässt sich der Markt nicht mehr aufrollen“, folgert Fi- scher. „Da wäre eher die Idee, in neue Konzepte und Ser- viceangebote zu investieren.“ So seien hybride Lösungen der beste Weg, also eine Kombination aus Filialver- trieb und digitalen Angebo- ten wie Videokonferenzen oder Chats. „Das Onlinebro- kerage gänzlich zu vernachläs- sigen, wäre wiederum verfehlt“, ergänzt Philipp Bulis von Oliver Wyman. Das Feld erö ne mit Blick auf jüngere Menschen Perspektiven. „Diese sind eher bereit, sich als Selbstentscheider imWertpapiergeschäft zu versuchen“, so Bulis. Sie ließen sich durch eine attraktive O erte im Online- brokerage für weitere Dienstleistungen gewinnen und so als Kunden binden. Zudem sei die Geldanlage per ETF-Spar- plan ein Trend, der noch zunehmen werde, ergänzt sein Kollege Fischer. „Banken mei- den dieses Geschäft wegen der geringen Margen“, so der Unternehmensberater. „Doch sie sollten sich darauf einstellen, dass dies auf andere Bereiche ausstrahlt und auch dort die Margen zurückgehen werden. Der Preiserosion wird sich keiner entziehen können.“Banken werde letztlich nichts anderes übrig bleiben, als auch auf digitalem Weg Produkte anzubieten und Kunden zu gewinnen. „Dabei wäre die Idee, nicht auf Onlinebroker als Beiboote zu setzen, sondern die Technologie und Dienstleistungen in das eigene Angebot zu integrieren“, erläutert Fischer. Rettung für die Hausbank Letztendlich kann eine Steigerung des Wertpapiergeschäfts, sei es online oder in der Filiale, nur ein Teil der Lösung der Ertragsschwäche der Banken sein. Auch die zu Beginn erwähnten Guthabengebühren nden zwar zunehmend Verbreitung, bergen aber die Gefahr, Kunden massiv zu verschrecken, zeigt die Inves- tors-Marketing-Umfrage. Hinzu kommt: „Die meis- ten etablierten Banken und Sparkassen möchten nicht auf einzelne Geschäftsfelder reduziert werden, sondern ihr Geschäftsmodell setzt die gesamte Bankverbindung des Kunden voraus“, resümiert Investors-Marketing-Chef Mihm. „Die Ergebnisse zei- gen allerdings, dass genau dieses Prinzip ‚Hausbank‘ aktiv gerettet werden muss.“ SEBASTIAN ERTINGER FP Schwindende Treue Antworten auf die Frage: „Welcher Anbieter kommt für Sie für den Abschluss der folgenden Produkte am ehesten in Frage?“ Das Hausbank-Prinzip erodiert. Für Kunden sind ihre Stamminstitute nicht mehr in allen Belangen erste Anlaufstelle. Quelle: InvestorsMarketing 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Ver- sicherung Alters- vorsorge Wert- papiere Bau- finanzierung Tages- geld Kredit- karte Anteil der Nennungen Meine Hausbank Eine andere Bank Ein anderer Anbieter Weiß ich nicht » Mit den bestehenden Brokermodellen der Filialbanken lässt sich der Markt nicht mehr aufrollen. « René Fischer, Oliver Wyman BANK & FONDS Wertpapiergeschäft FOTO: © OLIVER WYMAN 396 fondsprofessionell.de 3/2020
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