FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Fall war. „Damit ist es schwieriger gewor- den, das Verbot zu umgehen.“ Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber in der Be- gründung klargestellt hat, dass das aktuelle Gesetz anders als vor 2017 eine Marktver- haltensregel ist. Damit hat er den Befür- wortern laut Korn eine „scharfe Wa e“ in die Hand gegeben. Sie können nun über das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbe- werb (UWG) gegen diejenigen vorgehen, die versuchen, die Vorschriften rechtswidrig in ihrem Sinne auszulegen, um ihren Ver- trieb zu fördern. Dennoch, einige Gesellschaften nutzen aus, dass das Gesetz trotz Präzisierungen immer noch unklar ist: „Der Paragraf 48b VAG ist sehr weit gefasst, man kann tref- fend über ihn streiten“,meint Rechtsanwalt Norman Wirth von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte aus Berlin. „Der Text enthält auslegungsbedürftige und unbestimmte Rechtsbegri e, über die Gerichte entschei- den müssen. Das ermöglicht Unterneh- men, hier mit einer eigenen Interpretation anzusetzen.“ Check 24 Eine dieser Firmen ist Check 24, wenn- gleich der Online-Riese bislang nur eine befristete Verkaufskampagne mit Sonder- vergütungen angestoßen hatte. Im Herbst 2018 gab es für Kunden des Vergleichspor- tals folgendes Angebot: Wer zwischen dem 20. September und dem 10. Oktober über einen bei der Münchner Gesellschaft gelis- teten Versicherer eine Police für Privathaft- p icht,Hausrat, Unfall, Krankenhauszusatz, Zahnzusatz, Rechtsschutz, Risikoleben oder Kfz abschlossen hatte, erhielt einen Betrag in Höhe von bis zu einer Jahresprä- mie gutgeschrieben. Kunden, die an der Aktion teilnahmen, wurde der Betrag aber nicht von den jeweiligen Maklern wie der Check 24 Vergleichsportal für Kfz-Versiche- rungen GmbH erstattet, sondern von der Mutter Check 24 GmbH. Mit anderen Worten: Check 24 las Ab- satz 1 des Gesetzes so, dass Sondervergütun- gen erlaubt sind, wenn nicht der Vermittler selbst, sondern eine andere Gesellschaft die- se gewährt – auch wenn sie zum gleichen Konzern gehört.Der Bundesverband Deut- scher Versicherungskau eute (BVK) sah das anders und klagte vor dem Landgericht (LG) München I wegen Verstoß gegen Pa- ragraf 3a UWG in Verbindung mit Para- graf 48b VAG und Paragraf 34d Absatz 1 Gewerbeordnung GewO – und gewann. Check 24 verzichtete auf eine Berufung. Das Urteil ist zwar nicht höchstrichterlich, ein Oberlandesgericht könnte den Fall anders sehen. Dennoch hat das LG Wirth zufolge einen „ersten P ock“zur künftigen Auslegung des Verbots und insbesondere des ersten Absatzes eingeschlagen. Keine wörtliche Auslegung Das Gericht meint grundsätzlich, man solle das Gesetz nicht zu wörtlich auslegen. Wegen der Vermeidung von Fehlanreizen sei eine weite Auslegung erlaubt. Auf die konkrete Ausgestaltung der Prämienaus- zahlungen durch Check 24 bezogen gebie- te es der Verbrauchschutz, „die Vorschrift auch in solchen Fallgestaltungen anzuwenden, in denen der Versprechende und Gewährende zwar nicht selbst die Eigenschaft als Versiche- rungsvermittler aufweist,mit dem tatsächlichen Vermittler aber rechtlich und organisatorisch so eng ver ochten ist, dass beide wirtschaftlich als eine Einheit anzusehen sind“, wie es in der Urteilsbegründung heißt. Diese Voraus- setzungen seien im konkreten Fall erfüllt. Check 24 wählte die vorstehende Ge- staltung nach Au assung des LG nur, um Geschichte des Provisionsabgabeverbots Das Provisionsabgabeverbot basiert auf einer Bekanntmachung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherung vom 14. August 1923, die es der Versicherungsaufsicht erlaubt, Sonder- vergütungen zu verbieten. Begründet wurde das Verbot damit, dass die (Rück-)Vergütun- gen für einzelne Kunden Versicherungspro- dukte insgesamt unnötig verteuern würden. Im Jahr 1934 traten dann tatsächlich zwei Verordnungen zum Provisionsabgabeverbot bei Lebens- und Krankenversicherungen in Kraft. Sie galten nach Inkrafttreten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland fort. 1967 folgte ein Sondervergütungsverbot in der Rechtsschutz- versicherung, im August 1982 wurden Sonderver- gütungen in der Schadensversicherung verboten. Im Jahr 1994 wollte die damalige Bundesre- gierung das Verbot kippen. Sie argumentierte in einem Gesetzentwurf unter anderem damit, dass Provisionen frei verhandelbare Wettbewerbspreise seien. Doch das Vorhaben scheiterte. Zur Begründung hieß es, eine Auf- gabe des Verbots würde die Qualität der Beratung beeinträchtigen und die Existenz vieler Vermittler gefährden. Das erste Argument wurde auch in der 2017 geführten Diskussion wieder genannt. » Der Text des Gesetzes ist ausführlicher als die Formulierungen in den alten Verordnungen. Damit ist es schwieriger geworden, das Verbot zu umgehen. « Oliver Korn, GPC Law fondsprofessionell.de 3/2020 431

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=