FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Gericht diese Frage gar nicht klären wird, da der neue Antrag des Gegners nicht mehr auf einen Verstoß gegen Paragraf 48b VAG abzielt, sondern nur noch auf die Unterlassung bestimmter Werbeaussagen seiner Mandanten. Gonetto Gonetto aus dem hessischen Bensheim schließlich setzt, anders als Check 24 und die Tippgeber UG, auf eine Interpretation des vierten Absatzes, der die Ausnahmen vom Verbot regelt.Das Modell des Maklers sieht dabei wie folgt aus: Er bietet provi- sionsfreie Nettopolicen an, vor allem bei Sachversicherungen. Entscheidet sich ein Kunde für einen Bruttotarif, leitet er die Provisionen, vor allem die Bestandspro- visionen, an ihn durch und erhebt eine Gebühr von rund zwölf Euro pro Jahr und Vertrag. Die Finanzaufsicht Ba n meint aber, dass die Ausnahme nur greift, wenn der Versi- cherer die Prämie über eine Anpassung des Versicherungsvertrags senkt. Eine einfache Durchleitung der Provision an den Kun- den ohne eine Änderung des Vertrags sieht die Behörde als Verletzung des Gesetzes an. Anfang August 2018 teilte sie Versiche- rungsgesellschaften daher mit, dass sie in einer Zusammenarbeit mit Gonetto einen Verstoß gegen das Verbot von Sonderver- gütungen sehe. Weil diese Ankündigung der Behörde dazu geführt hat, dass viele Versicherer die Kooperation beendeten, zog Gonetto vor das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt. In einemEilverfahren wollte das Unternehmen erreichen, dass die Behörde keine Sanktio- nen gegen Versicherer verhängt. Das Ge- richt entschied im September 2018 aber zugunsten der Ba n und deren Rechtsauf- fassung. Der hessische Verwaltungsgerichts- hof urteilte wiederum in zweiter Instanz, dass unzulässige Anträge gestellt wurden, sodass nun im Herbst ein Hauptverfahren vor dem VG statt nden soll. Gonetto-Geschäftsführer Dieter Lendle sieht in dem besagten Absatz 4 keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Prämienredu- zierung nur durch den Versicherer mittels Vertragsänderungen erfolgen kann. „Bei einer dauerhaften Prämienreduktion für den Kunden dürfen Provisionen erstattet werden – und um eine solche dauerhafte Prämienreduktion jedes Jahr geht es bei uns ja“, sagt Lendle, der seine Au assung beim Start 2018 unter anderem von Hans- Peter Schwintowski, Rechtsprofessor an der Berliner Humboldt-Universität, hatte über- prüfen lassen. Unterstützung vom DIHK Lendle und Schwintowski erhalten hier- bei von mehreren Seiten Unterstützung, auch vom Deutschen Industrie- und Han- delskammertag (DIHK). Dieser betont auf Anfrage der Redaktion, dass Paragraf 48b VAG ausdrücklich auch auf Versicherungs- vermittler abstellt, sodass sie auch von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen können: „Wichtig ist hierbei jedoch, dass die Ausnahmeregelung nur unter engen Voraussetzungen greift. DemWortlaut lässt sich bereits entnehmen, dass die Abgabe der Sondervergütung zur dauerhaften Er- höhung der Leistung oder zur dauerhaften Reduzierung der Prämie verwendet wer- den muss“, teilt der DIHK mit. Eine einma- lige Weitergabe reiche daher in keinem Fall aus, sondern die Abgabe der Zuwendung an den Kunden müsse regelmäßig und für die Dauer des Bestehens des Vertrags erfol- gen. „Wichtig ist darüber hinaus aber, dass es auch jeweils eine ausdrückliche vertrag- liche Vereinbarung zwischen dem Versiche- rungsvermittler und dem Kunden über die regelmäßige und dauerhafte Weitergabe der Sondervergütungen gibt, damit ge- währleistet ist, dass die Provisionsweiter- gabe auch tatsächlich langfristig dem Ver- sicherungsverhältnis zugutekommt und dieses Vorgehen darüber hinaus auch nach- weisbar ist.“ Von einer Beteiligung des Versicherers spricht der DIHK nicht. Kammer gab grünes Licht Lendle hat noch ein weiteres Ass im Är- mel: Er ließ sein Geschäftsmodell von der IHK Wiesbaden prüfen, die grünes Licht gegeben hat. Das ist wichtig, weil die IHK die Aufsichtsbehörde für Makler ist – nicht die Ba n. „Versicherungsvermittler/-makler unterliegen nicht der Aufsicht durch die Ba n. Die Überwachung der Einhaltung des Provisionsabgabeverbots durch Versi- cherungsvermittler/-makler fällt somit nicht in den Zuständigkeitsbereich der Ba n“, betont die IHK auf Anfrage von FONDS professionell. „Die Ba n ist lediglich für die Frage zuständig, ob ein Versicherungsun- ternehmen durch Provisionszahlungen an einen Versicherungsvermittler/-makler mit- telbar gegen das Provisionsabgabeverbot verstoßen könnte.“ Es spricht also einiges dafür, dass der Branche in Sachen Provi- sionsabgabeverbot heiße Monate bevor- stehen. JENS BREDENBALS FP » Das Provisionsabgabe- verbot als Regelung nur für die Versicherungs- vermittler und nur in Deutschland ist einfach aus der Zeit gefallen. « Christoph Huebner, Tippgeber UG fondsprofessionell.de 3/2020 433

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