FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021
Sauren: Aber wie überprüfen Sie, ob Ihre Forderungen und Vorschläge auch wirklich umgesetzt werden? Weis: Gerade personelle Veränderungen lassen sich natürlich nicht über Nacht her- beiführen. Deshalb gestehen wir einem Unternehmen in einem solchen Fall schon eine gewisse Zeit für die Umsetzung zu. Aber wir treffen uns weiterhin regelmäßig mit der Unternehmensführung, um Punkt für Punkt unserer Forderungen durchzu- gehen. An der Art und Weise, wie ein Unternehmen auf unsere Fragen reagiert, können wir in der Regel ablesen, ob die handelnden Personen wirklich motiviert sind und aktiv daran arbeiten, sich in die richtige Richtung zu entwickeln. Viehmann: Wo ziehen Sie denn die Grenze? Was sind Gründe, nicht zu investieren? Weis: Zum einen haben wir für bestimmte Geschäftsmodelle harte Ausschlusskriterien formuliert. Dazu gehören Unternehmen der Tabakindustrie und Hersteller kontro- verser Waffen. Darüber hinaus vermeiden wir gewisse Geschäftsmodelle, bei denen wir weder langfristiges Wachstum erwarten noch die qualitativen Kriterien erfüllt sehen, die wir an Portfoliounternehmen stellen.Wir haben in den 30 Jahren unserer Geschichte noch nie in eine Bank investiert und werden das auch bei Ölproduzenten nicht tun. Nicht nur aus Gründen von CO 2 -Ausstoß und Umweltschutz. Rohstoff- produzenten haben keine Preissetzungs- macht und weisen damit auch keine vor- hersehbare Gewinnentwicklung auf. Wir werden zudem nicht in Unternehmen investieren in der Hoffnung, sie durch Aktivismus zu bewegen, sich zu verbessern, wenn wir sie unter ESG-Aspekten von vornherein als schlecht eingestuft haben. Sauren: Von einemUnternehmenwie Bayer haben Sie sich im Zusammenhang mit der Monsanto-Übernahme getrennt. Warum? Weis: Wir waren bei Bayer investiert, weil wir von der Qualität der Geschäftsaktivi- täten und der strategischen Ausrichtung sowie der Orientierung in Richtung Life Sciences, Pharma und nicht verschrei- bungspflichtiger Medikamente überzeugt waren. Wir haben sogar die Aktivitäten in Agrochemie weitgehend akzeptiert, auch wenn das unter ESG-Gesichtspunkten schon grenzwertig für uns war. Als Bayer aber überraschend die Übernahme von Monsanto bekannt gegeben hat, haben wir uns sofort aus der Aktie verabschiedet und sind seither nicht mehr investiert. Die Risi- ken in Bezug auf die Integration eines US- Konzerns wie Monsanto und die Gefahr möglicher Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Diskussion um ein Herbizid wie Glyphosat erschienen uns zu hoch. Heuser: Noch einWort bitte zu Ihrer Daten- basis. Auf welche Informationen stützen Sie sich bei Investmententscheidungen? Weis: Zum einen beziehen wir natürlich die kostenpflichtigen Informationen einer ganzen Reihe etablierter Ratinganbieter, die sich auf die Bereitstellung von ESG-Daten spezialisiert haben. Dabei ergibt sich nicht selten das Problem, dass deren Einschät- zungen zum Teil erheblich voneinander abweichen.Wir werden zudem von inzwi- schen sechs spezialisierten ESG-Analysten unterstützt, die extrem wertvolle Arbeit leisten, indem sie die unterschiedlichsten Datenquellen sichten und bestimmte Vor- auswertungen anfertigen, auf die der Port- foliomanager zugreifen kann. Neben den Analysen der Ratinganbieter nutzt das Team die unterschiedlichsten Informations- quellen wie Broker- und NGO-Berichte, wissenschaftliche Studien und sonstige öffentlich zugängliche Dokumente. Uner- setzlich sind darüber hinaus die direkten Gespräche des Fondsmanagers mit den Unternehmen selbst und die Beobachtung von Presseberichten. » Unersetzlich sind die direkten Gespräche des Fondsmanagers mit den Unternehmen selbst. « Franz Weis, Comgest Michael Viehmann, Sauren Fonds-Research MARKT & STRATEGIE Nachhaltig nachgefragt | Franz Weis | Comgest 148 fondsprofessionell.de 1/2021 NACHHALTIG NACHGEFRAGT FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT
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