FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021
immer noch positiv“, beruhigt Kapital- marktstratege Tilmann Galler. „In der Summe sollte das strukturelle Wachstum in den nächsten zehn bis 15 Jahren den Malus der hohen Bewertung übertreffen.“ Wie J.P. Morgan AM traut auch Allianz Global Investors europäischen Aktien in der kommenden Dekade mehr zu als US- Titeln. „Dies liegt zum einen an der höhe- ren Dividende als auch an der im Vergleich zur eigenen Historie deutlich attraktiveren Bewertung“, so Chefvolkswirt Hofrichter. Und wie kommen die Exper- ten zu ihrer Prognose? Das lässt sich anhand der Kalkulation nachvollziehen, die Michael Herzum und seine Abteilung „Macro & Strategy“ bei Union Investment aufmachen. Der Fondsanbieter der Genossen- schaftsbanken modelliert die Aktienwertentwicklung über die Quellen Gewinne,Dividen- den und Aktienrückkäufe so- wie Bewertung. „Das nominale Wirtschaftswachstum dürfte über die nächsten zehn Jahre 4,5 bis 4,75 Prozent pro Jahr zur Wertent- wicklung der Industrieländer-Aktienindizes beitragen“, so Herzum. Zudem erwarten er und seine Kollegen nach dem Einbruch im Jahr 2020 eine Ausweitung der Ge- winnmargen. „Dies trägt etwa 2,25 Prozent- punkte pro Jahr zur Wertentwicklung bei“, erläutert der Investmentstratege.Weitere 3,5 Prozentpunkte stammen aus Dividenden und Aktienrückkäufen. Bleibt die Frage nach der Bewertung.Die expansive Geldpolitik unterstütze das ge- messen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) historisch hohe Niveau. „Wir erwarten jedoch in den kommenden Jahren etwas moderatere KGVs“, so Herzum. „Dies begrenzt die globalen Aktienerträge pro Jahr um zirka vier Prozentpunkte.“Als letz- ter Punkt kommen Wechselkurseffekte hinzu: Union Investment rechnet mit einer leichten Aufwertung des Euro gegenüber US-Dollar und britischem Pfund. Alles in allem ergibt das für die Aktien der Indus- triestaaten 6,8 Prozent erwarteten Gesamt- ertrag im Jahr (siehe Grafik Seite 160). Vorteil ESG Das Londoner „Research Institute“ der DWS berechnet in seiner Publikation „Long View“mittlerweile nicht mehr nur Ertragserwartungen für die üblichen Aktien- und Rentenbarometer, sondern auch für ein Dutzend ESG-In- dizes. Interessant: Oft fällt die Renditeprognose für die nach- haltige Variante eines Index etwas besser aus als für das Ori- ginal, denn die DWS traut Un- ternehmen mit gutem ESG- Rating ein größeres Gewinn- wachstum zu, was eine höhere Bewertung rechtfertige. Zudem seien diese Titel stabiler, was Aktienrückkäufe und Dividen- den angehe, so die Analysten der DWS. BERND MIKOSCH FP Tilmann Galler, J.P. Morgan AM: „Langfristige Aktienrenditen sind neben der Bewertung auch von Gewinnwachstum und Dividenden abhängig.“ Stefan Hofrichter, Chefvolkswirt von Allianz Global Investors: „Es geht um Größenordnungen, nicht um genaue Werte.“ » Wir erwarten in den kommenden Jahren etwas moderatere KGVs. « Michael Herzum, Union Investment Schwellenländeranleihen Gesamtertrag (Erwartung) über zehn Jahre p. a. Rentenpapiere aus Schwellenländern versprechen immerhin etwas Ertrag. In lokalerWährung,sofernnichtandersangegeben | 1 US-Dollar-Basis | 2 Euro-Basis |Stand:Februar2021 |Quelle:Anbieter Schwellenländer-Staatsanleihen (Hartwährung) Deka 2 Union Investment DWS Amundi Franklin Templeton 1 J.P. Morgan AM Neuberger Berman 1 5,4 % 5,2 % 4,4 % 4,1 % 3,8 % 3,7 % 3,2 % MARKT & STRATEGIE Langfristiger Kapitalmarktausblick FOTO: © MICHAEL SCHMITT, J.P. MORGAN AM 164 fondsprofessionell.de 1/2021
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