FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

Ob Solvenzquoten oder Überschussbeteiligungen, es gibt viele Fragen, in denen sich Verbraucherschützer und Lebensversicherer nicht grün sind. Ein Expertendisput über brandaktuelle Themen. D ie Gefahr von Pleiten, die Aussage- kraft von Solvenzquoten, Zinszusatz- reserve und Provisionsdeckel: In der Ver- sicherungsbranche werden derzeit einige heiße Eisen kontrovers diskutiert. FONDS professionell hat aus diesem Grund zu einem Streitgespräch über aktuelle Themen eingeladen. Es diskutieren: Axel Kleinlein, Vorstand des Bundes der Versicherten (BdV), und Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Versicherungs- gruppe Die Bayerische. Herr Kleinlein, Allianz-Chef Oliver Bäte hat imDezember 2020 mit einemTabu gebro- chen: Er warnte wegen der anhaltenden Niedrigzinsen offen vor Pleiten bei den deutschen Lebensversicherern.Was kommt da auf uns zu? Axel Kleinlein: Es geschieht nicht gerade häufig, dass Herr Bäte und ich einer Mei- nung sind, aber in diesem Fall ist es so. In der Tat gibt es Unternehmen, die keine aus- reichenden Eigenmittel haben und nicht über eine stabile Solvenz verfügen. Von Pleiten möchte ich nicht sprechen. Die stehen bei Lebensversicherern nicht zu befürchten. Aber dass Überschussbeteili- gungen und Garantien stark beschnitten werden: Ja, dazu wird es kommen. Ich gebe für 2021 jedenfalls keine Entwarnung. Herr Schneidemann, wie sehen Sie das? Herbert Schneidemann: Ich maße mir nicht an, die Solvenz anderer Unternehmen zu beurteilen. Die Lebensversicherer kämpfen schon lange mit der Niedrigzinsphase. Sie haben aber ihre Kapitalanlage umgestellt und investieren statt in Anleihen vermehrt in Aktien und illiquide Anlagen. Daher gehe ich davon aus, dass sie in Bezug auf ihre Solvenz sehr gut aufgestellt sind. Die Regulierungsbehörden müssen aber auf- passen, dass sie die Gesellschaften nicht zugrunde regulieren.Die EU-Versicherungs- aufsicht EIOPA etwa zwingt die Versicherer über die EU-Richtlinie Solvency II dazu, in negativ verzinste Staatsanleihen zu investie- ren. Damit schafft sie Abnehmer für diese Papiere. Der Finanzlage der Versicherer schadet das natürlich. Kleinlein: Es ist sehr wohlfeil, jetzt die Re- gulierung für Kalkulations- und Kapital- anlagefehler der vergangenen Jahrzehnte „Hohe Transparenz“ oder „Au » Es wird dazu kommen, dass Überschussbeteili- gungen und auch Garantien stark beschnitten werden. « Axel Kleinlein, Bund der Versicherten FONDS & VERSICHERUNG Streitgespräch | Axel Kleinlein, BdV | Herbert Schneidemann, Die Bayerische FOTO: © JOST FINK , DIE BAYERISCHE 250 fondsprofessionell.de 1/2021 STREIT GESPRÄCH

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