FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021
verantwortlich zu machen. Der Regulierer hat Sie nicht gezwungen, in den 1990er- Jahren mit Garantien von vier Prozent zu kalkulieren.Damit haben sich die Versiche- rer ganz allein in die Schwierigkeiten ge- bracht, die sie heute haben.Wenn die Bran- che ihre Fehler nicht zugeben kann, dann wird sie diese auch niemals korrigieren. Schneidemann: Ich meinte eine künftige Anpassung der Regulierung, nicht die Maßnahmen der Vergangenheit. Aber zu den „Fehlern der 1990er-Jahre“, wie Sie es ausdrücken: Damals wurde die Kalkulation selbst vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen … … das 2002 in der Bafin aufging … … als zu niedrig befunden. Die Aufseher wollten eine Berechnung mit mindestens fünf Prozent haben. Das kam also nicht nur von den Versicherern. Kleinlein: Es dürfte Sie aber auch nicht gerade gestört haben. Außerdem hat die Branche die Möglichkeiten, statt in Anlei- hen in chancenreichere Assets zu investie- ren, keineswegs ausgeschöpft. Der Versi- cherungsanalyst Carsten Zielke hat 2020 in einer Studie herausgearbeitet, dass die Versicherer die aktuellen Probleme nicht hätten,wenn sie rechtzeitig stärker zu Aktien gegriffen hätten. Nur die Inflexibilität der Branche und ihre schlechte Kapitalanlage- politik haben dazu geführt, dass massen- haft Geld in Staatsanleihen angelegt wurde – mit den bekannten Ergebnissen. Herr Schneidemann, Sie lächeln. Schneidemann: Aus gutemGrund. Schauen Sie: Ende der 1990er-Jahre haben die Ver- braucherschützer kritisiert, die Lebensversi- cherer hielten zu wenig Aktien. Dann kam die Dotcom-Krise mit den Verwerfungen am Kapitalmarkt, und dieselben Verbrau- cherschützer prangerten auf einmal an, unsere Branche hätte Geld verzockt. Nun legen wir angeblich wieder zu wenig in Aktien an. Genörgelt wird immer. Die Wahrheit ist heute aber, dass Solvency II Aktien teurer macht als Anleihen. Die Pa- piere erfordern eine hohe Unterlegung mit Eigenmitteln, und diese müssen erst aufge- baut werden.Das geht eben nur sukzessive. Um zu analysieren, wie es den Lebensver- sicherern wirklich geht, mussman sich die Solvenzquoten anschauen. Eine Studie, die der BdV zusammenmit Carsten Zielke Mit- te 2020 veröffentlichte, ist in der Branche aber auf harte Kritik gestoßen. Womit hat- ten Sie Probleme, Herr Schneidemann? Schneidemann: Die in der Studie aufgeführ- ten Zahlen bestreiten wird nicht. Wir ha- ben aber ein Problem damit, eine Aussage darüber, wie stabil ein Versicherer aufge- stellt ist, auf eine einzige Zahl zu reduzie- » Die Regulie- rungsbehörden müssen aufpas- sen, dass sie die Gesellschaften nicht zugrunde regulieren. « Herbert Schneidemann, Die Bayerische genwischerei“ ? fondsprofessionell.de 1/2021 251 STREIT GESPRÄCH
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