FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021
Löhne und Gehälter für über 90 Prozent der Beschäftigten. Ledige bringen es zu ei- nemMehreinkommen von bis zu 78 Euro netto monatlich, bei Verheirateten sind es bis zu 156 Euro, rechnet das Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) vor. Im Schnitt 424 Euro Rente Und auch die Arbeitgeber ziehen offen- bar weiter mit. Selbst unter demwirtschaft- lichen Druck der Coronakrise wollen 83 Prozent der Unternehmen, die bereits eine bAV anbieten, daran festhalten oder sie sogar verbessern, ergab eine Umfrage von Willis Towers Watson. Rund zwei Drittel der Beschäftigten besitzen bisher eine zu- sätzliche Altersvorsorge, entweder über eine bAV oder einen Riester-Vertrag, zeigt der jüngste Alterssicherungsbericht der Bun- desregierung. Allerdings habe gut die Hälf- te der Geringverdiener bisher nicht zusätz- lich für das Alter vorgesorgt. Durchschnitt- lich kommen monatlich 424 Euro netto Betriebsrente zusammen. Trotz aller Diskussionen über die Folgen der Niedrigzinsen gibt es einer Studie des bAV-Beraters Aon zufolge offenbar immer noch eine zentrale Erwartung größtmög- licher Sicherheit. „Das ist für 92,8 Prozent der Befragten sehr wichtig oder wichtig“, berichtet Aon-Partner André Geilenkothen. Dabei haben die Anbieter längst einen Produktschwenk eingeleitet – weg von der vollständigen Garantie, um mehr Kapital für höhere Renditechancen einsetzen zu können. Vorangehen die finanzstarken Platzhirsche wie Allianz und R+V. Kippt die Garantie? „Nur bei Riester und bei der Beitragszu- sage mit Mindestleistung – typisch für viele Fondspolicen in der bAV – sind noch 100 Prozent Beitragsgarantie vorgeschrieben, aber auch das sollte der Gesetzgeber rasch ändern“, fordert Guido Bader, Vorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) und Vorstand der Stuttgarter Leben. Für die bAV plädiert das Institut der versiche- rungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS), ein Zweigverein der DAV, zumindest für neue Garantie- konzepte. „Mittlerweile sind die Zinsen so niedrig, dass der Beitragserhalt nur mit Mü- he, wenn überhaupt versicherungsförmig garantiert werden kann“, analysiert IVS-Vor- standschef Friedemann Lucius. Nur mit deutlich weniger als 100 Prozent Garantie sei es möglich, nennenswerte Teile des Bei- trags risikoreicher, „dafür aber mit Aussicht auf mehr Leistung anzulegen“, erklärt er. Die Bafin hat an die Anbieter von Klas- sik-Policen in der bAV bereits den Appell gerichtet, den Garantiezins freiwillig zu senken. Für regulierte Pensionskassen, die der Bafin ihre Tarife vorlegen müssen, wählt die Aufsicht eine härtere Gangart und genehmigt unbefristet allenfalls noch 0,25 Prozent Rechnungszins. Das IVS sieht für Versorgungsträger zwei grundlegende Strategien, um mit dieser Situation umzugehen: Entweder sie folgen den Niedrigzinsen und bewerten die Ver- pflichtungen mit niedrigerer Zinserwar- tung, was zu hohem zusätzlichem Finanz- bedarf führt.Oder sie versuchen, den Nied- rigzinsen zu trotzen, indem sie die Risiko- tragfähigkeit durch Aufstockung von Eigen- kapital verbessern, um höhere Renditen in der Kapitalanlage erzielen zu können. „Die Kapitalanlage ist entscheidend“, so Lucius. Ohne Risiko gebe es keine ausrei- chenden Erträge. Sonst drohten weitere Sa- nierungsfälle über die Deutsche Steuerbe- rater-Versicherung, die Kölner Pensionskasse und die Pensionskasse der Caritas hinaus. Sozialpartnermodell Allen Widrigkeiten zum Trotz dürfte die bAV in den kommenden fünf Jahren or- dentlichen Zulauf haben, ergab eine Stu- die, für die der Unternehmensberater De- loitte und das Analysehaus V.E.R.S. Leipzig Versicherungsvorstände und Altersvorsorge- verantwortliche befragen ließen. Beim So- zialpartnermodell zeigt sich dagegen Zu- rückhaltung: Lediglich 29 Prozent der Be- fragten sehen darin große Marktbedeutung für Lebensversicherer. „Dennoch sind viele Unternehmen davon überzeugt – nicht zu- letzt aufgrund der anhaltenden Niedrig- zinsperiode und der Diskussion um die Fi- nanzierbarkeit langjähriger Garantien“, sagt Deloitte-Experte Klaus Friedrich. Das Sozialpartnermodell kommt dage- gen sehr langsam in die Gänge. Immerhin liegt nun der erste bAV-Tarifvertrag vor, den es für die „Nahles-Rente“ braucht. Schon im Oktober 2019 hatten Verdi und Talanx angekündigt, den Beschäftigten des Versi- cherers bald eine Betriebsrente mit reiner Beitragszusage anbieten zu wollen. Im März 2021 konnten sie dann Vollzug mel- den. Zu Redaktionsschluss stand nur noch die Zustimmung der Bafin aus. Im Juli soll es losgehen – dreieinhalb Jahre nach In- krafttreten des BRSG. DETLEF POHL FP » Die Änderungen zur Geringverdiener- förderung 2020 sind positiv zu beurteilen. « Henriette Meissner, Stuttgarter Vorsorge-Management Online weiterlesen: QR-Code scannen oder fponline.de/SPM121 eingeben. FONDS & VERSICHERUNG Betriebsrente 260 fondsprofessionell.de 1/2021 FOTO: © STUTTGARTER
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