FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

Kommt eine Gesellschaft nach dem Bouti- quendachmodell mit den Herausforderun- gen der Branche klar? Die Branche lässt sich mit einer Hantel ver- gleichen. Auf der einen Seite der Hantel stehen volumensstarke, skalengetriebene Investmentstrategien. Dies umfasst den Pas- sivbereich sowie große, aktiv gemanagte Portfolios zu relativ günstigen Kosten. Die- sen Ansatz verfolgt Ostrum. Um ein profi- tables Geschäft aufzubauen, muss man eine starke Serviceplattform mit Skalenef- fekten kombinieren. Auf der anderen Seite der Hantel sind die spezialisierten, aktiven Investmentteams, die im Lauf der Zeit den Kunden durch hohes Alpha einen echten Mehrwert bieten. In der Mitte der Hantel finden Sie die Anbieter von Mainstream- Strategien, die zudem kein gutes Preis-Leis- tungs-Verhältnis bieten.Dieser Bereich gerät immer mehr unter Druck. Wie kann Ihnen in diesem Umfeld Ihr Geschäftsmodell zumVorteil gereichen? Mit unserem Modell kann einerseits das Erfinderische, das Unternehmertum der Boutiquen, florieren. Andererseits über- nimmt die auf Skaleneffekte ausgerichtete Zentrale den Vertrieb und hält die finan- ziellen Ressourcen vor, die ein großer Konzern wie der unsere zur Verfügung hat. Wir können es uns leisten, Geld eine Weile arbeiten zu lassen. So benötigt es einfach Zeit, bis sich neue Strategien bewiesen haben. Ich denke, dies ist eine Konstella- tion, die im gegenwärtigen Marktumfeld sehr gut funktioniert. Genügen die Skaleneffekte der Zentrale, oder müssen auch im Portfoliomanage- ment die Kosten sinken? Sprich: Müssen Sie Boutiquen zusammenlegen? Auch wir möchten Kosten sparen. Aber Zentralisierung ist selten vereinbar mit einem blühenden Unternehmergeist. Also versuchen wir, Aufgaben zu vergemein- schaften und zugleich die Autonomie der angeschlossenen Asset Manager zu wahren. Wir wollen unser Modell verbessern. Ver- bessern setzen wir aber nicht mit Zentra- lisieren gleich. Denn wir wollen nicht zu einem großen, vollintegrierten Asset Mana- ger mit nur einer Marke und einer einheit- lichen Strategie werden. Erzielen Sie so eine ausreichende Marge? Unser Ertragstreiber ist, über einen zentra- len Vertrieb unterschiedliche, an den Wün- schen der Kunden orientierte und speziali- sierte Strategien zu verkaufen. Wir verkau- fen nicht, was der zentrale Vertrieb vorgibt, sondern es verhält sich genau umgekehrt: Unsere Boutiquen entwickeln das, was die Kunden benötigen. Aber keine Frage: Wir verlangen viel von unserem Vertriebsteam. Die Kollegen müssen sich mit völlig verschiedenen Strategien von mehr als 20 Anbietern auskennen und in der Lage sein, die Bedürfnisse der Kunden an die Fonds- gesellschaften zurückzuspiegeln. Wollen Sie neue Boutiquen andocken? Was Anlageklassen und Regionen angeht, decken wir viel ab. Aber ich habe stets be- tont, dass wir unser Augenmerk auf Asien legen. Zudem wollen wir unser Angebot im Bereich Private Assets ausbauen. Das benötigt Zeit, aber die haben wir. Zudem ermutigen wir auch unsere Töchter, aus eigener Kraft zu wachsen, statt neue Asset Manager als Ganzes anzudocken. So über- nahm Loomis Sayles zum Jahreswechsel ein Team von Kempen. Manchmal starten wir auch vom Reißbrett – wie bei Thema- tics Asset Management. Wir können über sehr unterschiedliche Wege wachsen. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER FP KURZ-VITA: Jean Raby Jean Raby arbeitete 16 Jahre bei der amerikanischen Invest- mentbank Goldman Sachs, unter anderem in Russland. Nach Stationen bei den Telekomkonzernen Alcatel-Lucent und SFR wechselte er 2017 zur Pariser Großbank Natixis. Raby hat die kanadische und die französische Staatsbürgerschaft. » Zentralisierung ist selten vereinbar mit einem blühenden Unternehmergeist. « Jean Raby, Natixis Investment Managers VERTRIEB & PRAXIS Jean Raby | Natixis Investment Managers FOTO: © CHRIS J. RATCLIFFE | BLOOMBERG 342 fondsprofessionell.de 1/2021

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