FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021
wendige Kundenzahl, den glo- balen „Footprint“ und langjäh- rige gute Kundenbeziehungen, um Skalierung in einem sich verändernden Marktumfeld zu betreiben. Sie betreiben weiterhin Ihren Blog „Payment and Banking“ und arbeiten – unabhängig von Covid-19 – von zu Hause aus. Haben Sie gut verhandelt? Siegert: Vorher hatten wir eben- falls keine Halbtagsjobs, son- dern anspruchsvolle Positionen im Management und betrie- ben den Blog auch schon. Als Geschäftsführer eines Fintechs gab es auch keinen Nine-to- five-Job.Da arbeitete man noch viel mehr, denn Zeit und Geld sind bei Start-ups immer knapp. Insofern hinkt der Vergleich etwas. Sicherlich ist es in der Kommunikation etwas Neues, wenn Menschen aus der Bank jetzt über Themen sprechen, die nicht originär mit der Bank zu tun haben. Aber für uns ist es nicht neu, in unserer Freizeit nebenher zu bloggen und zu podcasten. Bajorat: Wenn es nicht möglich gewesen wäre, den Blog und das Konferenzgeschäft weiter zu betreiben, hätte ich die Aufgabe nicht übernommen. Das ist für mich ein Ventil, das ich benötige. Ich brauche die Möglichkeit, Artikel zu schreiben und Podcasts aufzunehmen. Vielleicht ist das für den einen oder anderen in der Bank etwas verwirrend. Und die Standortfrage ist in der heutigen Zeit ebenfalls nicht mehr relevant. Fahren die Banken mittlerweile eine neue Strategie? Kooperieren sie anders als früher nicht mehr nur mit Fintechs oder kaufen sie auf, sondern werben die Know- how-Träger ab? Bajorat: Wir wundern uns seit Jahren, dass „Know-how-Hire“ in Deutschland immer schon weniger praktiziert wurde als im Ausland. Bei uns war es jetzt kein Schrei nach Liebe, im Sinne von „Bitte beschäftigt uns!“. Es geht darum, wie man sich Kom- petenzen ins Haus holt. Da kann man Fir- men übernehmen oder direkt Menschen beschäftigen, die aus diesen Welten kom- men. Es gibt in Deutschland weiterhin alle Wege. Eine Commerzbank geht beispiels- weise sehr stark den Weg über Investments in Form des Main-Inkubators. Wir sehen, dass ein reger Wech- sel zwischen Bank und Fintech sowie Fintech und Bank statt- findet. Das ergibt Sinn, denn wir arbeiten alle in der gleichen Industrie. Siegert: Es ist ja nicht so, dass wir vorher keine Bank von innen gesehen haben. André war lange in der Sparkassen-Finanz- gruppe, ich war bei der Kar- stadt-Quelle Bank und Rafael bei der DZ Bank. Da besteht ein Banking-Hintergrund. Auf uns bezogen ist die Deutsche Bank diesen Schritt etwas später gegangen, weil man erst mal ge- schaut hat, was sich bei anderen in Sachen Digitalisierung tut. Nicht nur bei Kreditinstituten, sondern auch in anderen Bran- chen. Oftmals wurde ein CDO, also ein Chief Digital Officer, installiert, der der digitale Vor- turner sein sollte. Der sollte dann das machen, was die an- deren 100.000 Mitarbeiter in der Organisation nicht hinbekommen haben. Als Einzelner, auch im Range eines Vorstands, ist es fast unmöglich, eine kom- plette Organisation zu digitalisieren. Hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert? Sie sind ja jetzt in der Maschinerie einer deut- schen Großbank angekommen. Da denkt man an lange Entscheidungswege und viele Hierarchieebenen. Otero: Die Hierarchieebenen nehmen wir nicht unbedingt wahr. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir nah an der Sonne sind, was nicht unbedingt nur gut ist. Das, was definitiv anders ist, ist die Arbeits- umgebung. Beispielsweise das Arbeiten per E-Mail und der dauernde Austausch von E-Mails mit Anhängen und vielen „Final“- Versionen. E-Mail-Anhänge ignorieren wir konsequent. Man muss den Leuten bei- » Bewertungen sind immer eine Funktion von Angebot und Nachfrage. « Rafael Otero, Payment & Banking BANK & FONDS André Bajorat | Rafael Otero | Jochen Siegert | Payment & Banking FOTO: © PAYMENT & BANKING 380 fondsprofessionell.de 1/2021
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