FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021
bringen, dass es Tools gibt, die das Arbeiten vereinfachen und es ermöglichen, gemeinsam im Browser an demselben Doku- ment zu arbeiten. Wir haben gute Messaging-Systeme, die überwiegend aus dem Handel kommen und auch nicht schlecht sind. Allerdings dauert es manchmal länger, als man denkt, die Leute davon zu über- zeugen. Die Arbeitsweise ist ein bisschen in den 1990ern und 2000ern hängen geblieben. Aber die Organisation be- schleunigt. Ignorieren Sie auch die An- hänge, die von Ihrem Chef kommen? Bajorat: Ja, klar. Wir wissen auch, dass das Thema Schulter- klappen in der Bank sehr wich- tig ist.Wir sind da aber absolut dünkelfrei. Ich hatte noch kei- ne Situation in der Bank, wo ich dachte, jetzt muss ich die Hacken zusammenschlagen. Wir haben alle gewisse Erfahrungen, sind keine 30 mehr und besitzen auch das eine oder andere graue Haar. Das hilft schon, dass man sich im Arbeitsalltag nicht für jede Sache durchkämpfen muss. Wir kön- nen vernünftig mit den Leuten reden, und die nehmen einen auch ernst. Siegert: Was anders ist: Wir sitzen jetzt nicht im Beiboot und versuchen außerhalb der Bank irgendwelche Sachen hochzufahren, sondern wir müssen jetzt in der Organisa- tion die Produkte digitalisieren. Früher hat man eher in Start-ups investiert oder Spin- offs gemacht. Das hat die Prozesse oder Produkte innerhalb der Bank jedoch nicht digitalisiert. Schön, wenn ich in ein „Uni- corn“ investiert habe, das wirkt sich wahr- scheinlich positiv auf die Bilanz aus. Aber das ändert nichts daran, dass mein Front- end immer noch nicht digitalisiert ist. In fünf Jahrenmöchte die EZB den digitalen Euro einführen, er soll neben dem traditio- nellen Euro existieren. Somit würde erst- malig Buchgeld nicht durch Banken, son- dern durch die EZB selbst geschaffen wer- den. Auch die Chinesen testen aktuell eine programmierbare Währung und Facebook plant mit dem „Diem“-Projekt Großes. Sind Sie ein Freund des digitalen Euro? Bajorat: Ja, ganz klar. So können beispielsweise nutzungsbasierte Finanzierungen und Maschi- nen, die selbst abrechnen, An- wendungsfelder für einen pro- grammierbaren digitalen Euro sein. Damit kombiniere ich „Zweck“ und „Wert“. Ich finde es richtig, dass Europa, die EZB und die Bundesbank das The- ma voranbringen und nicht allein großen Firmen und digi- talen Plattformen das Feld über- lassen.Wir als Bank arbeiten in den verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen aktiv mit, um das Thema zu gestalten. Wie es dann konkret realisiert wird,muss noch diskutiert wer- den. Auch wer den digitalen Euro als Issuer herausgibt, ist noch offen. Siegert: Dem Zahlungsverkehr wohnt immer eine Unsicher- heit inne. Deshalb gibt es ver- schiedene Produkte und Anbie- ter, die dabei helfen, den betei- ligten Parteien mehr Sicherheit zu geben. Am Beispiel Paypal sehen wir, dass man sich die Absicherung und das Vertrauen gut bezahlen lassen kann.Wenn ich Bargeld programmiere, kann ich sagen, du bekommst als Onlineversender deine 100 Euro erst, wenn mir der Trackingcode des Versenders vorliegt, der mir bestätigt, dass das Paket beim Empfänger angekom- men ist. Wenn diese Sicherheit ein kosten- loses, immanentes Feature des Geldes ist, kann ich viel mehr Prozesse gestalten und diese vor allem kostengünstiger anbieten. Das ist die Zukunft des Zahlungsverkehrs. Alle anderen Mittel wie Karten oder On- linebezahldienste sind nur Krücken, die versuchen, die Defizite des Bargelds zu kompensieren. Vielen Dank für das Gespräch. MARCUS HIPPLER FP » Als Einzelner, auch im Range eines Vorstands, ist es fast unmöglich, eine komplette Organisation zu digitalisieren. « Jochen Siegert, Payment & Banking BANK & FONDS André Bajorat | Rafael Otero | Jochen Siegert | Payment & Banking FOTO: © MAXTHRELFALLPHOTO 382 fondsprofessionell.de 1/2021
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