FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2021

Kreditgewerbe in Zeiten der Pan- demie: Auswirkungen von Corona wie die forcierte Digitalisierung, die Absatzflaute und drohende Kredit- ausfälle treffen auf eine ohnehin schon desolate Ertragslage. Das Corona -Dilemma Banken leiden unter anhaltendem Ertragsschwund und ringen mit hohen Kosten. Die Digitalisierung spült zudem neue Konkurrenten auf den Markt. Nun verschärft die Pandemie diese Trends. D ie verordneten Ladenschließungen zur Eindämmung der Corona-Pande- mie brachten das Treiben in den Einkaufs- straßen der Innenstädte weitgehend zum Erliegen. Der Onlinehandel erlebt hin- gegen eine Hochzeit. Und obgleich in der zweiten kritischen Covid-19-Phase die Banken geöffnet blieben, besuchen deut- lich weniger Menschen die Filialen. Damit forciert die Pandemie auch in der Finanz- welt bestehende Entwicklungen. Die Digi- talisierung schreitet rascher voran, zugleich geraten die Erträge im Privatkundenge- schäft stärker unter Druck, wie mehrere Studien aufzeigen. So nutzen die Deutschen immer häufi- ger Onlinebanking. Selbst die eingefleisch- ten Filialgänger zeigen sich seit dem Lock- down der Läden offen für die digitale Kon- toführung. Seit der ersten Pandemiewelle im Frühjahr 2020 meldeten sich 14 Pro- zent aller deutschen Bankkunden neu für das Onlinebanking an, und zwölf Prozent nutzten erstmals ihre Mobilgeräte dafür. Das ergab eine Umfrage der Unterneh- mensberatung Boston Consulting Group (BCG). Demnach gab immerhin fast ein Drittel der Bankkunden an, künftig sel- tener die Filiale besuchen zu wollen. Die Gesellschaft befragte Führungskräfte und Kunden von Banken. Das hat Folgen für die Kreditinstitute. Einer weiteren Umfrage der Strategie- und Marketingberatung Simon Kucher & Part- ners zufolge rechnet fast die Hälfte der Befragten damit, dass die Zahl der Filialen um mehr als zehn Prozent abnehmen wird. Der Online- und Omnikanalvertrieb hingegen gewinnt nach Einschätzung von weit über 80 Prozent der Teilnehmer künf- tig deutlich an Bedeutung.Die Gesellschaft befragte Manager und Vertriebsverantwort- liche von Geldhäusern. Der Absatz vieler Produkte habe in der Coronakrise gelitten, beispielsweise mit Blick auf Konsumenten- kredite, Leasing oder Handelsfinanzierung, so ein weiteres Ergebnis. Kernproblem des Kreditwesens Die Umfrage enthüllt aber auch das Kernproblem der Institute mit dem for- cierten digitalen Wandel: Sie sind in der Offline-Welt verhaftet – und noch nicht in der Online-Welt angekommen. Im Schnitt werden immerhin noch 40 Prozent der Verkaufsprozesse rein offline abgewickelt, ergab die Simon-Kucher-Umfrage. Demgegenüber sind 56 Prozent der Befragten unzufrieden mit den digitalen Initiativen ihres eigenen Hauses. Jeweils fast die Hälfte der Teilnehmer sieht die Kon- kurrenz im Online- und Omnikanalge- schäft besser aufgestellt. „Der Handlungs- druck bei der Digitalisierung wurde durch Covid-19 deutlich verstärkt“, folgert Jens Baumgarten, Leiter Banken bei Simon Kucher. „Das Kundenverhalten wird immer digitaler und der Verlust von persönlichen » Die Verlagerung auf digitale Kanäle lässt sich nicht zurückdrehen. « Thorsten Brackert, Boston Consulting Group BANK & FONDS Pandemie-Folgen FOTO: ©ANDREY POPOV | STOCK.ADOBE.COM, CHRISTOPH HEMMERICH 392 fondsprofessionell.de 1/2021

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