FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021
auch externe Experten hinzu, um dem Konzern Alternativen zu Plastikverpackun- gen aufzuzeigen“, berichtet Klein. Jüngsten Zahlen zufolge mit Erfolg: „Obwohl das Unternehmen wächst, sinkt der Kunststoff- einsatz“, sagt der Portfoliomanager. Klein geht es nicht darum, eine Firma abzustrafen. „Ich möchte im konstruktiven Dialog Verbesserungen erreichen“, betont er. „Wenn Kellogg weniger Plastik einsetzt, schont das nicht nur die Umwelt, sondern hilft auch der Reputation des Unterneh- mens. Das wiederum stützt die Kurse der Wertpapiere, was unserem Fonds zugute- kommt.“ Er spricht daher von einem „Triple-Win“: „Bei einem gelungenen En- gagement profitieren alle – Gesellschaft, Unternehmen und Investor.“ Schweigen in der Leitung Es hat einige Jahre gedauert, bis sich die- se Erkenntnis im deutschen Sprachraum durchgesetzt hat, berichtet EOS-Chef Hirt. Als er 2004 in Ludwigshafen anrief und einen Termin mit dem Aufsichtsratschef der BASF vereinbaren wollte, herrschte erst mal Schweigen in der Leitung. „Später er- fuhr ich, dass noch nie ein Investor ein Ge- spräch mit dem Aufsichtsrat verlangt hatte“, sagt er. Diese Kultur gab es damals in Deutschland schlicht nicht, anders als in Großbritannien. „Dabei wählen die Aktio- näre den Aufsichtsrat, also sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass beide Sei- ten miteinander reden“, so Hirt. Inzwischen habe sich diese Form des Dialogs etabliert. Engagement als Marketing Neben vielen positiven gibt es auch skeptische Stimmen,was die Erfolgsaussich- ten von „Active Ownership“angeht. „Wenn ein Asset Manager mit seiner Abstimmung auf einer Hauptversammlung wirklich etwas bewirken möchte, bräuchte er in der Regel mehr als 25 Prozent der Stimmen“, sagt Dirk Söhnholz, Honorarprofessor für Asset Management an der Universität Leip- zig und Geschäftsführer eines Anbieters von ESG-Modellportfolios. „Bei Engage- ments hinter verschlossenen Türen wie- derum lässt sich kaum nachvollziehen, welche Effekte sie tatsächlich haben.“ Bei vielen Fondsanbietern dienten Proxy Voting und Engagement auch demMarke- ting, vermutet Söhnholz. „So können sie nach außen darstellen, wie sehr sie sich um Verbesserungen bemühen, ohne ihr Anla- geuniversum und damit ihre Flexibilität einschränken zu müssen.“ Für deutlich wirkungsvoller hält Söhn- holz „Divestments“, also den Verkauf nicht nachhaltiger Titel. „Verfolgen genügend Investoren diese Strategie, steigen die Kapi- talkosten der betroffenen Unternehmen deutlich. Das kann ein echtes Umdenken in Gang setzen.“Die seiner Meinung nach logischste Strategie lautet, nicht nachhaltige Wertpapiere gar nicht erst zu kaufen: „Es » Es ergibt für einen nachhaltig orientierten Anleger schlicht keinen Sinn, sich an schlechten Unternehmen zu beteiligen. « Dirk Söhnholz, Soehnholz ESG Hier haben Asset Manager (re)agiert Welchen Effekt hat das Engagement von Fondsanbietern konkret? Drei Beispiele aus jüngster Vergangenheit. Amazon: Im Oktober 2020 wurde ein Team von State Street Global Advisors bei dem Online-Giganten vorstellig, heißt es im „Stewardship Report“ des Asset Managers. Es ging um die Frage, wie das Unternehmen mit Hass- und Gewaltbotschaften auf seiner Spiele- plattform Twitch umgeht, von denen demVermö- gensverwalter zufolge ESG-Risiken ausgehen. Amazon gelobte Besserung – und veröffentlichte im Dezember neue Richtlinien, um solche Inhalte einzudämmen. H&M: Zulieferern der Modefirma wurden sexuelle Übergriffe und Verstöße gegen die Vereinigungsfreiheit vorgeworfen. Der Anlagerat der Steyler-Fair-Invest-Fonds tauschte sich schriftlichmit H&M aus. „Die eingeleiteten Maßnahmen zumVersamm- lungsrecht wurden als positiv wahrgenommen, nicht jedoch die Aufarbeitung der sexuellen Über- griffe“, berichtet der Fondsanbieter. „Es blieb un- klar, ob H&M die im Bericht genannten Fabriken identifiziert, Vorfälle untersucht und konkrete Ge- genmaßnahmen wie die Entlassung der Täter ein- geleitet hat.“ Daher wurde H&M aus dem Anlage- universum ausgeschlossen und die Aktie verkauft. Brasilien: Mitunter hilft auch Druck auf Staaten. „Im vergangenen Jahr hat sich Aviva Investors mit gleichgesinnten Anlegern zusammengetan, um auf die brasilianische Regierung einzuwirken, mehr für den Umweltschutz zu tun“, berichtet Thomas Dillon, ESG-Analyst bei Aviva. Es habe eine Reihe von Gesprächen mit hochrangigen Regierungsvertretern gegeben, unter anderemmit dem brasilianischen Vizepräsidenten. Brasilien habe daraufhin unter anderem ein 120-Tage- Moratorium für Brandrodungen erlassen. „Dies ist ein ermutigender erster Schritt, der hoffentlich Signalwirkung dafür hat, was sich durch kollek- tives Handeln erreichen lässt.“ MARKT & STRATEGIE ESG-Engagement 118 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © OLIVER ROESLER | ORO PHOTOGRAPHY | SOEHNHOLZ ESG
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