FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

ausstehen hat. Die Übernahme möchte er mit neuen Schulden finanzieren, die eben- falls besichert sein sollen. „Dann muss er die erste Besicherung ablösen, um die Sicherheiten für die neue Finanzierung zur Verfügung zu haben“, erläutert Profitlich. In solchen Situationen zahlen Unternehmen ihren Anleiheninvestoren in der Regel eine Art Vorfälligkeitsentschädigung. „Und genau darauf sind wir aus“, sagt er. Nicht nur vom Schreibtisch aus Das klingt nach mühevollem Prospekt- studium, nach Hunderten Stunden im Büro. Profitlich schüttelt den Kopf. „Wir arbeiten keineswegs nur vom Schreibtisch aus“, stellt er klar. „Wir investieren wie gesagt auch in langfristige Unternehmens- beteiligungen, vor der Corona-Pandemie sind wir daher allein vier bis sieben Mal pro Jahr in die USA geflogen und waren viel in Europa unterwegs“, sagt er. Vor Ort lernen er und Schmidlin die Unternehmen kennen, führen persönliche Gespräche mit dem Management, mit Kunden und Wettbewerbern. „Nur so können wir uns wirklich ein Bild machen“, sagt Profitlich. Natürlich kostet es Zeit, Unternehmen so genau kennenzulernen. Daher haben Profitlich und Schmidlin meist auch nur zwischen zehn und 20 langfristige Beteili- gungen im Fonds, weitere 100 auf einer Watchlist. Die Branchen und Geschäftsmodelle der Unternehmen im Profitlich Schmidlin Fonds sind breit gefächert. Die Fondsbera- ter möchten sich nicht zu sehr von einzel- nen Sektoren abhängig machen. Was sie aber verbindet, ist eine starke Eigentümerstruktur, im Idealfall ist das Management am Unternehmen beteiligt. Zudem sind sie in der Regel dezentral organisiert. „Wir sind zum Beispiel an dem schwedischen Unternehmen Beijer Ref beteiligt, demweltweit größten Großhänd- ler für Klima- und Kühlgeräte“, berichtet Profitlich. „Dort haben die Manager der einzelnen Regionen und Tochterunter- nehmen sehr viel Freiraum, um die besten Akquisitionsziele und Wachstumsinitiati- ven zu identifizieren“, sagt er. Firmen, die solche Freiheiten erlauben, seien natürlich viel näher am Kunden. „Das ermöglicht es auch in einer Krise, die plötzlich einsetzt wie die derzeitige Pande- mie, zügig auf Kundenbedürfnisse einzuge- hen“, sagt Profitlich. Die Sache mit der Antifragilität Es wird Zeit, umzukehren. „Unterneh- men wie Beijer Ref, die durch ihre schlan- ke Organisationsstruktur in der Lage sind, schnell zu reagieren, gewinnen in unsiche- ren Situationen Marktanteile, sie sind anti- fragil“, sagt Profitlich. Natürlich hat er das Buch „Antifragilität“ von Nassim Nicholas Taleb gelesen. Ihr eigenes Risikomanage- ment, ihre „Denke“ haben Profitlich und Schmidlin danach ausgerichtet. „Intuitiv nimmt man ja an, Unsicherheit wäre nicht gut, aber es gibt eben Unterneh- men und Wertpapiere, die in unsicheren Situationen profitieren“, sagt Profitlich.Und was macht eine Firma antifragil? „Hand- lungsfreiheit und gute Anreizstrukturen“, findet Profitlich. Die Freiheit, auch in Zei- ten hoher Unsicherheit investieren zu kön- nen oder Übernahmen zu stemmen, wäh- rend Konkurrenten träge, bürokratisch und vielleicht von Schulden wie gefesselt sind. „So gewinnen Sie in einer Krise Markt- anteile, und diese Merkmale verschaffen bestimmten Aktien ein begrenztes Verlust-, aber ein hohes Gewinnpotenzial“, sagt Profitlich. Dann verabschiedet er sich. Und als er die Tür des Business Centers öffnet, zeigt sich daneben doch ein zurückhalten- des Firmenlogo. ANDREA MARTENS FP Auf dem Rückweg zumWaidmarkt: kleine Impression von einem April-Spaziergang in Köln bei Kälte und Wind, aber mit spannenden Gesprächen. Im Rheinauhafen erklärt Marc Profitlich, dass er und Nicolas Schmidlin keineswegs nur von ihren Büros aus ar- beiten. Üblicherweise sind die beiden bis zu sieben Mal im Jahr in den USA und häufig in Europa unterwegs. Nur so können sie sich ein echtes Bild von den Unternehmen machen, in die sie eventuell investieren möchten. PORTRÄT Marc Profitlich | Profitlich Schmidlin FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT 158 fondsprofessionell.de 2/2021

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