FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

klas Hermanns, Leiter des Bereichs „Leben Produktsteuerung und Vermarktung“ bei der Gothaer, die mit einer durchschnitt- lichen Jahresperformance der Fonds von 7,5 Prozent rechnet. Die Helvetia geht von 5,5 Prozent aus. Basis für die Anlage sind bei der Helvetia drei „Fondskörbe“ mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Bei der Gothaer kann der Kunde aus rund 25 Port- folios wählen. Große Chancen, hohes Risiko Das Konzept klingt gut. Dennoch bietet kein weiterer Versicherer solche Produkte an. Der Grund: Den Chancen auf hohe Renditen steht die Gefahr gegenüber, dass Kunden wegen schlechter Marktentwick- lungen Geld nachschießen müssen. Kommt es hart auf hart, ist der gesamte Versicherungsschutz verloren. Das ist gera- de für über 45-Jährige ein Problem – sie bekommen nicht so einfach eine neue Versicherung. So argumentieren sinnge- mäß einige große deutsche Versicherer, die FONDS professionell anschrieb, warum sie keine fondsgebundene BU anbieten. Das müssen Vermittler natürlich auch bei der Beratung beachten (siehe Kasten unten). Das Verlustrisiko bestreiten Hermanns und Patze auch nicht. Sie weisen aber da- rauf hin, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, diesem zu begegnen: Zum einen kön- ne der Kunde seine Beiträge erhöhen oder auch eine Einmalzahlung leisten. Zum anderen könne er einer Kürzung der BU- Rente zustimmen. „Wir führen regelmäßig eine Vertragsüberprüfung durch und infor- mieren den Kunden über seine Hand- lungsmöglichkeiten“, sagt Hermanns. „Der Kunde muss allerdings nicht bei jeder Überprüfung tätig werden, sondern kann auch einfach darauf vertrauen, dass die Märkte wieder besser laufen. Die Verträge haben ja häufig eine sehr lange Laufzeit.“ Gleiches ist bei der Helvetia möglich. Außerdem kann der Kunde bei beiden Anbietern ohne erneute Gesundheitsprü- fung in eine konventionelle BU wechseln. Zielgruppe: Jüngere Kunden Klar ist, dass sich die Produkte nur für ei- ne eher kleine Gruppe zu eignen scheinen. „Vor allem für jüngere und risikofreudigere Personen ist diese preisgünstige Form einer BU durchaus interessant“, sagt Blome. Das sehen die beiden Versicherer auch so. „Die Produktlinie Helvetia Clever Protect richtet sich in erster Linie an Jüngere, die analog zur Altersvorsorge mögliche Schwankun- gen an den Kapitalmärkten durch die Lauf- zeit ausgleichen können“, erklärt Patze. Lohnt sich die Auflage eines solchen Produkts dann überhaupt? Nach Angaben der Gothaer schon: Mittlerweile hat sie 29.000 SBU-Invest-Verträge in ihrem Be- stand, die Prämieneinnahmen belaufen sich auf elf Millionen Euro jährlich. Wich- tig ist dabei der richtige Vertrieb, denn von sich aus fragen wohl die wenigsten Kun- den nach einer Fonds-BU. „Wir haben Ver- triebskanäle, die schon bei Fondspolicen aktiv sind und chancenorientierte Kunden haben“, berichtet Hermanns. Möglicher- weise gibt es bald schon mehr Fonds-BUs: Ein Versicherer schloss auf Anfrage der Redaktion zumindest nicht aus, ein solches Produkt zu starten. JENS BREDENBALS FP Was bei der Vermittlung einer Fonds-BU zu beachten ist Risikohinweis: Fondsgebundene Berufs- unfähigkeitsversicherungen (BU) haben ein höheres Risiko als „herkömmliche“ Policen. „Darauf muss der Vermittler bei der Bera- tung ausdrücklich hinweisen“, betont Tobias Strübing von Kanzlei Wirth Rechtsanwälte. Ferner sei es unerlässlich, die Gründe für die Wahl einer fondsgebundenen anstelle einer kon- ventionellen BU zu dokumentieren. „Es ist durch- aus möglich, dass ein Vermittler bei der Abfrage der Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zum Schluss kommt, dass diese BU als zwei- te Wahl passend ist.“ Beispielsweise wenn sich nach eingehender Prüfung zeigt, dass die Prämie einer konventio- nellen BU für einen Handwerker auch nach Anpassung diverser Parameter wie Renten- höhe oder Vertragslaufzeit einfach zu hoch wäre. Versicherungsanlageprodukt? Strübing wirft zudem die Frage auf, ob eine fondsgebundene BU aufgrund der Anlage in Fonds nicht ein Versiche- rungsanlageprodukt sein könnte, für das das Gesetz eine Geeignetheitsprüfung vorschreibt. „Die mögliche Konsequenz wäre ein erhöhtes Haf- tungsrisiko: Wenn sich herausstellen sollte, dass es sich um ein Versicherungsanlageprodukt han- delt, der Makler aber keine Geeignetheitsprüfung gemacht hat und es Probleme mit der Anlage gibt, dann haftet er voll.“ Die Versicherer stufen die Policen als reine Risikoprodukte ein. Es exis- tiert Strübing zufolge bisher keine richterliche Entscheidung zu einem solchen Fall. » Höhere Renditen führen zu geringeren Beiträgen für den Kunden. « Sandra Blome, Ifa fondsprofessionell.de 2/2021 255

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