FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

lerweile wohl jede Gesellschaft zumindest irgendeine Form von Nachhaltigkeitsstra- tegie implementiert hat und einige hier bereits weit fortgeschritten sind. Experten begründen den Status quo mit dem Zeit- faktor. Versicherer legen bekanntlich sehr langfristig an, viele ihrer Kapitalanlagen laufen 20 Jahre oder länger. „Die Gesell- schaften müssten demnach schon vor der Jahrtausendwende angefangen haben, ihre Anlagen in nachhaltige Investments umzu- schichten“, erklärt Karl Michael Ortmann, Aktuar und Professor an der Beuth Hoch- schule für Technik Berlin. Erschwerend kommt hinzu, dass es bis- lang keine einheitlichen Vorgaben gibt, was denn als nachhaltig gelten darf. Abhilfe soll die sogenannte Taxonomie der Europäi- schen Union schaffen, die aber noch in der Entwicklung steckt (siehe Kasten nächste Seite). Die Kapitalanlagen vieler Versicherer werden daher skeptisch betrachtet. „Wenn ein noch so kleiner Teil der Assets im Deckungsstock nicht den gegebenen ESG- Kriterien entspricht, dann ist keine Police des Versicherers nachhaltig“, meint etwa Ortmann. „Bildlich gesprochen: Ein klei- ner Tropfen Öl genügt, um 1.000 Liter Wasser zu verseuchen.“ ESG-Vorreiter Zu den Versicherern, deren Kapitalanlagen zu einem hohen Anteil ESG-konform sind, zählen Branchenkenner die Barmenia Leben. Nach eigenen Angaben sind 93 Prozent der Investments nachhaltig. Begonnen hat der Versicherer mit ESG-konformen Investments schon 2001. Im glei- chen Jahr fing der Versicherer im Raum der Kirchen (VRK) an, sein Sicherungsvermögen umzuschich- ten. Mittlerweile seien 98 Prozent nachhaltig angelegt. Sogar voll- ständig nachhaltig ausgerichtet ist der größtenteils aus Anleihen be- stehende Deckungsstock der Con- cordia Oeco Leben – so zumindest deren eigene Aussage. Der Versicherer wurde 1995 als Oeco Capital Lebensversicherung gegründet und ist einer der Pioniere der grünen Kapitalanlage, die durch einen Nachhaltigkeitsbeirat überwacht wird. 2014 wurde die Gesellschaft mit der Schwester Concordia Leben verschmolzen.Die Siche- rungsvermögen werden aber weiterhin separat geführt. Ein Sonderfall ist die Pan- gaea Life: Unter dieser Marke hat der Ver- sicherer Die Bayerische 2017 einen mittler- weile 240 Millionen Euro schweren Spe- zialfonds lanciert, der inWindkraft-,Wasser- kraft- und Photovoltaikanlagen investiert. Die Verrentung erfolgt aber im Sicherungs- vermögen des Versicherers, der nach eige- nen Angaben rund 80 Prozent der Anla- gen gemäß ESG-Kriterien investiert hat. Als weiterer Vorreiter in Sachen Nach- haltigkeit gilt unter Branchenkennern die Stuttgarter Leben. Bei ihrer Produktlinie „Grüne Rente“ garantiert die Gesellschaft, dass jeder in diesen Versicherungspolicen angesparte Cent nachhaltig angelegt wird – derzeit rund 323 Millionen Euro. „Das ist aber eine fiktive Zuordnung, weil alles in einen Deckungsstock fließt“, erklärt Guido Bader, Vorstand Leben und Kapitalanlage bei der Stuttgarter Versicherungsgruppe und bis vor Kurzem Vorstandschef der Deutschen Aktuarvereinigung. Das Geld kommt unter anderem von Kunden des Hamburger Maklers Framtid, der seit 1996 die nachhaltige „Transparente“anbietet.Neben der Stuttgarter arbeitet er mit Neue Leben, HDI Leben, dem Volks- wohl Bund, der Nürnberger und der Barmenia zusammen. „Die Versicherer haben uns garantiert, dass alle über uns vermittelten Beiträge gemäß den Kriterien des Vereins für alternative Versorgungs- konzepte angelegt werden“, so Geschäftsführer Andreas Wiet- holz. Eine ähnliche Vereinbarung schloss Ökoworld 1987 für die klassische „Versirente“ mit der Continentale: Sie garantiert, dass ein bestimmter Prozentsatz des Sicherungsvermögens nachhaltig Doch kein Ladenhüter Neu eingelöste Versicherungscheine Trotz mickriger Zinsen setzen viele Kunden auf Produkte, deren Prämien im Deckungsstock des Versicherers angelegt werden. Quelle:GDV 0 500.000 1.000.000 1.500.000 2.000.000 2019 2018 2017 Klassik-Policen Neue-Klassik-Policen » Die Allianz kann als großer Investor sehr viel Einfluss nehmen und so die Realwirtschaft verbessern. « Gabriele Recke, Allianz Lebensversicherung FONDS & VERSICHERUNG Nachhaltigkeit im Deckungsstock 258 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © THOMAS BERNHARDT