FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021
veranlagt wird. An eine zu 100 Prozent ESG-konforme Anlage im Deckungsstock war seinerzeit noch nicht zu denken. Wege zum ESG-Deckungsstock Solche Vereinbarungen sind Bader zufol- ge exemplarisch für eines von drei mögli- chen Konzepten, mit denen Versicherer ihre Kapitalanlagen nachhaltiger ausrichten – er spricht vom „Zuordnungsansatz“. Ein anderer Weg ist der Aufbau eines neuen separaten Sicherungsvermögens nach stren- gen Nachhaltigkeitskriterien. „Das ist aber in der aktuellen Situation zum Scheitern verurteilt“, sagt Bader. „Die niedrigen Zin- sen machen es unmöglich, ein neues, hin- reichend sicheres Portfolio zusammen- zustellen, mit dem eine auskömmliche Rendite erwirtschaftet werden kann.“Weg Nummer drei dürfte der häufigste sein: der „Transformationsansatz“. Hierbei verspricht der Versicherer, den Deckungsstock bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nachhaltig umgeschichtet zu haben oder bestimmte Nachhaltigkeitsziele zu erreichen – wobei sich Zuordnungs- und Transformations- ansatz nicht gegenseitig ausschließen. Die Allianz Leben, die sich ebenfalls zu den ESG-Vorreitern zählen darf, hat sich bei- spielsweise verpflichtet, ihr Portfolio bis 2050 klimaneutral auszurichten. Um die Kapitalanlagen zu transformie- ren, gibt es wiederum verschiedene Mög- lichkeiten. Eine ist der „Engagement-An- satz“: „Wir versuchen zusammen mit den Unternehmen, deren Aktien oder Anlei- hen wir halten, Verbesserungen herbei- zuführen“, erläutert Gabriele Recke, Head of Sustainability der Allianz Leben, diese Strategie. Das betrifft deren Produkte und die Firma selber. „Auf diese Weise können wir je nach Unternehmen den Klima- und Umweltschutz vorantreiben oder auch die Rechte von Arbeitnehmern stärken. Die Allianz kann als großer Investor sehr viel Einfluss nehmen und so die Realwirtschaft verbessern“, ist sie überzeugt. Die andere Möglichkeit ist das sukzessive Umschichten in nachhaltige Assets. Das hört sich einfach an, birgt aber schon wegen der schieren Summe von mehr als einer Billion Euro, die die Versicherer ma- nagen, einige Probleme. „Wenn eine hohe Nachfrage auf ein geringes Angebot trifft, kann es zu einer Blasenbildung und damit zu überhöhten Preisen kommen“, warnt Bader. „Das Problem besteht grundsätzlich bei allen Assets, seien es Aktien, ‚grüne An- leihen‘oder auch Sachwerte wie Windparks und Photovoltaikanlagen.“ Dieses Risiko muss in Zeiten von Solvency II natürlich mit Eigenkapital abgesichert werden. Noch fehlen die Daten Zudem stehen nach wie vor die finalen Details zur Taxonomie aus. Firmen der Realwirtschaft fehlen die genauen Krite- rien, um zu ermitteln, welche ihrer Aktivi- täten und Investitionen als nachhaltig gel- ten. Diese Angaben wiederum benötigen die Versicherer, um nachhaltige Firmen zu identifizieren. Bader zufolge werde man gezwungen sein, mit vorläufigen Daten zu beginnen. Es wird also noch einige Zeit ins Land gehen, bis die Sicherungsvermögen der Lebensversicherer wirklich nachhaltig sind. Ortmann: „Es kann durchaus noch Jahrzehnte dauern, bis die Umschichtung abgeschlossen ist.“ JENS BREDENBALS FP Taxonomie Nachhaltigkeitskriterien: Die Taxonomie-Ver- ordnung trat Ende Juni 2020 in Kraft. Das Regel- werk definiert, welche Wirtschaftsaktivi- tät als „grün“ gilt. Das ist der Fall, wenn sie zu einem von sechs ökologischen Zielen beiträgt und zugleich keines der anderen Ziele wesentlich schädigt. Die beiden von der EU mit Priorität behan- delten Ziele sind der Klimaschutz und die Anpas- sung an den Klimawandel. Im laufenden Jahr wird sich die EU-Kommission auch dazu äußern, wie eine „soziale“ Taxonomie aussehen könnte. Eine Taxonomie für gute Unternehmens- führung ist nicht vorgesehen. Detailangaben: Mitte April stellte die Kommission die technischen Regulie- rungsstandards (RTS) vor, die die Bewer- tungskriterien zu den ersten beiden ökologischen Zielen konkretisieren. Sie enthalten auf rund 500 Seiten detaillierte Angaben wie die, dass Unter- nehmen etwa bei einer Renovierung ihrer Immo- bilie zur Vermeidung von Wasserverschwendung den Durchlauf durch einenWasserhahn auf sechs Liter die Minute reduzieren sollen. Firmen müssen die ersten beiden Ziele in ihren nichtfinanziellen Berichten für 2021 berücksichtigen. Für die vier anderen ökologischen Ziele will die Kommission bis Jahresende die RTS vorlegen, sodass diese Ende 2022 in Kraft treten können. » Die niedrigen Zinsen machen es unmöglich, ein neues, hinreichend sicheres Portfolio zusammenzustellen. « Guido Bader, Stuttgarter Versicherungsgruppe FONDS & VERSICHERUNG Nachhaltigkeit im Deckungsstock 260 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © STUTTGARTER VERSICHERUNGSGRUPPE
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