FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021

„Grundsätzlich ist das eine gute Idee.Das Problem ist allerdings, dass Unternehmen erst einmal herausfinden müssen, zu wel- cher der verschiedenen Klassen von Wert- papierfirmen sie zukünftig zählen“, sagt Martin Andreas Duncker, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei Schlatter Rechtsanwälte aus Heidelberg. Dazu ist zu- nächst ein Blick in Paragraf 2 des WpIG- Entwurfs nötig. Hier ist definiert: „Wertpa- pierinstitut ist ein Unternehmen, das ge- werbsmäßig oder in einemUmfang, der ei- nen in kaufmännischer Weise eingerichte- ten Geschäftsbetrieb erfordert, Wertpapier- dienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen oder Ne- bengeschäften erbringt.“ Auch darüber, was Wertpapierdienstleis- tungen sind, gibt Paragraf 2 des Entwurfs Aufschluss – oder auch nicht. Denn der Begriff ist extrem weit gefasst. „Klar dürfte sein, dass Finanzportfoliover- walter und Haftungsdächer unter das WpIG fallen werden“, sagt Duncker. Diese müssen dann im nächsten Schritt feststel- len, in welche Größenkategorie sie sich ein- zuordnen haben. „Neben der Bilanzsum- me und der Frage nach der Verflochtenheit mit anderen Finanzmarktteilnehmern gibt es zahlreiche weitere Vorgaben, die zu einer Einstufung als großes, mittleres oder klei- nes Institut führen“, erklärt Duncker. So et- wa die jährlichen Bruttogesamteinkünfte aus Wertpapierdienstleistungen, das verwal- tete Vermögen oder das Volumen der Kun- denaufträge pro Tag. Keine großen Wertpapierfirmen Einfach wird es für Vermögensverwalter und Haftungsdächer daher nicht festzu- stellen, zu welcher Klasse sie zählen. Aller- dings: Nach Einschätzung des Gesetzge- bers sind große Wertpapierfirmen in Deutschland gar nicht vertreten. Die Vor- schriften für solche Unternehmen laufen hierzulande daher komplett ins Leere. Von den im WpIG-Entwurf genannten 720 mittleren und kleinen Wertpapierinsti- tuten ordnet der Gesetzgeber maximal 70 der mittleren Größenkategorie zu. Die üb- rigen sind als kleine Wertpapierfirmen ein- zustufen. Für Vermögensverwalter und Haf- » Anders als bei Kredit- instituten verbleibt bei Wertpapierfirmen das Risiko grundsätzlich auf Seiten der Kunden. « Markus Lange, PwC Verstrickte Regulierung: Aktueller und künftiger Rechtsrahmen Bisher sind Wertpapierfirmen im Prinzip genauso streng reguliert wie Banken. Dies liegt daran, dass für die Institute zum Teil auch europäische Regelwerke gelten, die sich in erster Linie auf Kreditinstitute beziehen. FONDS professionell erklärt, welche Richtlinien und Verordnungen zusammenwirken, wie sie in Deutschland umgesetzt sind und was künftig gilt. Mifid II: Die EU-Finanzmarktrichtlinie ist das wichtigste Regelwerk für Wertpapierfirmen. Es legt sowohl die Zulassungsbestimmungen als auch die laufenden Anforderungen, etwa an das Risikomanagement oder die Compliance, fest. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben für die Zulassung von Wertpapierfirmen im Kredit- wesengesetz (KWG) umgesetzt, die laufenden Anforderungen im Wesentlichen im Wertpapier- handelsgesetz (WpHG). Mifid II verweist an vielen Stellen jedoch auf zwei weitere europäische Regelwerke. Capital Requirements Directive (CRD ): Die europäische Kapitaladäquanzrichtlinie regelt die Zulassung von Kreditinstituten sowie die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen. Die Bestimmungen wur- den im Kreditwesengesetz (KWG) in deutsches Recht umgesetzt. Capital Requirements Regulation (CRR): Die europäische Kapitaladäquanzverordnung er- gänzt die CRD und enthält detaillierte Anforderun- gen für Banken undWertpapierfirmen im Hinblick auf Eigenmittel und Liquidität sowie Melde- und Offenlegungspflichten. Verweise: Mifid II verweist an vielen Stellen auf Bestimmungen aus der CRD und vor allem der CRR. So verbietet etwa Artikel 15 Mifid II den Be- hörden, einer Wertpapierfirma die Zulassung zu erteilen, wenn sie nicht über ein ausreichendes Anfangskapital gemäß der europäischen Kapital- adäquanzverordnung verfügt. Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen. IFD, IFR, WpIG: Mit der Richtlinie über die Be- aufsichtigung vonWertpapierfirmen (IFD) und der Verordnung über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen (IFR) will der europäische Ge- setzgeber einen eigenen Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen schaffen. Die Regelwerke treten am 26. Juni 2021 in Kraft. Das Wertpapierinsti- tutsgesetz (WpIG) setzt die Richtlinie in deutsches Recht um, die Verordnung greift unmittelbar. Die entsprechenden Vorschriften für Wertpapierdienst- leister finden sich künftig nicht mehr im KWG, sondern im WpIG. Die Wohlverhaltensregeln, die imWpHG verankert sind, verbleiben dort und gel- ten weiterhin. fondsprofessionell.de 2/2021 413

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=