FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021
tungsdächer der Kategorie drei – und in diese Klasse dürften die allermeisten fallen – sind im Vergleich zu den für mittlere In- stitute geltenden Bestimmungen vielfältige Vereinfachungen vorgesehen. Eine der wohl wichtigsten Erleichterun- gen betrifft das Anfangskapital. So benö- tigen kleine Wertpapierfirmen für eine Er- laubnis, die künftig nicht mehr nach Para- graf 32 KWG, sondern nach Paragraf 15 WpIG erteilt wird, ein Anfangskapital von 75.000 Euro. Zum Vergleich: Bisher sind es je nach Geschäftsmodell zwischen 50.0000 und 125.000 Euro. Mittlere Institute müs- sen für eine künftige WpIG-15-Erlaubnis 750.000 Euro hinblättern. Auch die neuen Eigenkapitalanforderun- gen, die in der IFR festgelegt sind, bieten vereinfachte Regelungen.Wertpapierfirmen aller Art müssen in Zukunft ständig min- destens Eigenmittel in Höhe ihres Anfangs- kapitals vorhalten. Kleine Firmen müssen für jedes laufende Geschäftsjahr berechnen, wie hoch im vorangegangenen Jahr ihre fixen Gemeinkosten lagen. Übersteigt ein Viertel dieser Summe das Anfangskapital, sind die Eigenmittel entsprechend aufzusto- cken. Komplizierte zusätzliche Berechnun- gen, die mittelgroße Wertpapierfirmen an- stellen müssen, treffen kleine Institute nicht. Zudem gelten geringere Vorschriften für die vorzuhaltende Liquidität als bisher. Wertpapierfirmen müssen künftig liquide Aktiva in Höhe von mindestens einem Drittel der fixen Gemeinkosten vorhalten. Grundlage für die im laufenden Geschäfts- jahr zu veranschlagenden Kosten ist auch hier ein Viertel der Fixkosten des Vorjahres. Kleine Wertpapierfirmen dürfen zu den liquiden Aktiva auch Forderungen aus Lie- ferungen und Leistungen sowie Gebühren oder Provisionen rechnen, die innerhalb von 30 Tagen eingezogen werden. Aller- dings darf die Gesamtsumme höchstens ein Drittel der für sie geltenden Mindest- liquiditätsanforderung ausmachen. Kosten für Rechtsberatung „Zu den vorgesehenen Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen kommen zahl- reiche weitere Erleichterungen, etwa im Hinblick auf Konzentrationsrisiken im Handelsbuch oder die Vergütung von Führungskräften und Mitarbeitern“, sagt Duncker. „Allerdings werden vermutlich viele Unternehmen erst einmal einen Teil der Summe, die sie etwa beim Eigenkapital einsparen können, für einen Rechtsberater ausgeben müssen“, glaubt er. Dieser muss dann herausfinden, was für jeden betroffe- nen Vermögensverwalter oder für ein Haf- tungsdach im Einzelnen gilt. Ganz nach dem Motto: „Wer bin ich – und was habe ich eigentlich zu tun?“ ANDREA MARTENS FP » Unternehmen müssen erst einmal herausfinden, zu welcher Kategorie von Wertpapierfirma sie überhaupt zählen. « Martin-Andreas Duncker, Schlatter Rechtsanwälte Drei Arten von Wertpapierfirmen: Die neuen Klassen Der europäische Gesetzgeber verfolgt mit der neuen Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wert- papierfirmen (IFD) und der Verordnung (EU) 2019/2033 über die Aufsichtsanfor- derungen anWertpapierfirmen (IFR) das Ziel, risikoadäquate aufsichtsrechtliche Anforderungen an Wertpapierfirmen zu schaffen. Diese sollen vom Geschäftsmodell und vom Um- fang der Aktivitäten des einzelnen Wertpapier- instituts abhängen. Daher unterteilt das Wert- papierinstitutsgesetz (WpIG), das die europäischen Regelwerke in deutsches Recht umsetzt, die be- troffenen Firmen in drei Gruppen. Alle Instituts- typen unterstehen der Aufsicht der Bafin. Große Wertpapierinstitute Große Wertpapierinstitute weisen – als Einzel- institute oder in einer Gruppe mit typgleichen Instituten – eine Bilanzsumme von zumindest 15 Milliarden Euro auf. Wegen ihrer Größe und ihres bankähnlichen Geschäfts bleiben sie im Anwen- dungsbereich der europäischen Kapitaladäquanz- richtlinie (Capital Requirements Regulation, CRR). Mittlere Wertpapierinstitute Als mittelgroß gelten Institute mit über 100 Millionen Euro Bilanzsumme. Sie sol- len den Anforderungen des WpIG und der IFR unterliegen. Die Kapital-, Liquiditäts- und Governance-Anforderungen für sie wurden komplett überarbeitet. Kleine Wertpapierinstitute Als kleine Wertpapierfirmen werden Institute eingestuft, deren Aktivitäten nicht mit anderen Finanz- und Wirtschaftsakteuren verflochten sind und deren Bilanzsumme 100 Millionen Euro nicht überschreitet. Für sie werden abgemilderte Vor- schriften gelten. STEUER & RECHT Wertpapierinstitutsgesetz 414 fondsprofessionell.de 2/2021 FOTO: © KONRAD GOES, ANTTO | STOCK.ADOBE.COM
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