FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2021
Vorstände oder auch Vorständinnen, die in der Vergangenheit schon mehrfach da- durch aufgefallen sind, dass sie ihre eigenen Prognosen nicht einhalten.Wie gesagt: Für uns ist die Qualität des Topmanagements eines Unternehmens extremwichtig.Denn am Ende steuern ja nicht wir das Tages- geschäft einer Firma, das macht schon der Vorstand. Aber wir vertrauen ihm natürlich das Geld unserer Anleger an. Aber auch wenn wir lediglich in der Rolle des Beob- achters oder des Begleiters sind, müssen wir uns natürlich darauf verlassen können, dass auch in der Geschäftsleitung der Unternehmen, in die wir investieren, die meisten Dinge aufgehen und funktionie- ren, die diese sich vorgenommen haben. Personen, die in der Vergangenheit viel- leicht durch einen überbordenden Opti- mismus aufgefallen sind und einfach nicht geliefert haben, fallen bei uns sehr schnell durch den Raster. Zum anderen achten wir sehr stark auf die Vergütungsstruktur. Vor allem, ob es eine klare Incentivierung gibt, also ob die variable Bezahlung des Ma- nagements davon abhängig gemacht wird, dass definierte operative Ziele auch wirk- lich erreicht werden. Heuser: Wie sind Sie denn mit Unterneh- men wie Wirecard oder Grenke umgegan- gen, die in jüngerer Zeit imFokus standen? Eichler: Wir hatten beide Unternehmen nie in unserem Portfolio, dabei hätte das zwei- te sogar zu uns gepasst, weil es zum einen ein familiengeführtes Unternehmen ist und zum anderen als Leasinggesellschaft zur Finanzbranche gehört, die wir oft über- gewichten, und das schon seit vielen Jah- ren. Am Ende aber erschien uns die Bewer- tung immer als enorm hoch. Mit dem Management von Wirecard dagegen hat- ten wir zum anderen zwar eine ganze Rei- he von Meetings, haben uns aber immer gegen ein Investment entschieden. Nicht weil wir einen Skandal oder Bilanzbetrug vermutet hätten, wir konnten einfach zu keiner Zeit ein wirkliches Vertrauen zum Management aufbauen. Unseren Fragen ist man oft ausgewichen, und wenn wir Pro- bleme angesprochen haben, hat man das ignoriert oder versucht, vom Thema abzu- lenken. Das entsprach einfach nicht unse- rer Erwartung an Glaubwürdigkeit und die Bereitschaft zum offenen Austausch über Probleme. Glow: Was dieWertentwicklung Ihres Fonds betrifft, scheinen Sie Phasen der Underper- formance gegenüber dem Index zeitweise bewusst in Kauf zu nehmen. Eichler: Da haben Sie durchaus recht. Aber im Grunde ist das konzeptbedingt. Unter- nehmen mit dem Potenzial, ihren Aktien- kurs auf Sicht von fünf Jahren zu verdop- peln, stehen aufgrund ihrer entsprechend hoch gesteckten operativen Ziele in einer hohen Abhängigkeit von der allgemeinen volkswirtschaftlichen Entwicklung. Es sind ja eben nicht die sehr robusten und stabi- len Firmen, die, ganz gleich, wie sich das Bruttosozialprodukt entwickelt, ihren Weg gehen. Sondern es sind in der Regel Zykli- ker, Technologiewerte oder auch in Nischen agierende Firmen, die sehr wohl vom all- gemeinen Wirtschaftsklima abhängen. Aber wenn Sie mir zustimmen, dass wir von der Konjunktur über mehrjährige Zeiträume sehr wohl eine Expansion er- warten dürfen, dann tun uns vorüber- gehende Phasen der Schrumpfung natür- lich weh, auch wenn sie auf lange Sicht kaum ins Gewicht fallen. Insofern werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zei- ten, in denen die Märkte deutlich in die Knie gehen, eher schlechter abschneiden als der Markt. Dafür werden wir aber in sich anschließenden Aufschwungphasen durch eine entsprechend überdurchschnitt- liche Performance belohnt.Manchmal sind Krisen auch gut dafür, seine eigene Stärke zu beweisen. Heuser: Wie sieht Ihr Blick nach vorn aus? » Wir suchen Unter- nehmen, die eine reelle Chance aufweisen, ihren Aktienkurs in fünf Jahren zu verdoppeln. « Olgerd Eichler, Mainfirst MARKT & STRATEGIE Fondsmanager im Kreuzverhör | Olgerd Eichler | Mainfirst AM 84 fondsprofessionell.de 2/2021 KREUZ VERHÖR FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH
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