FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2021

„Die anderen Sparkassen im Kreis be- rechnen bereits Verwahrentgelte, was dazu führt, dass die Kunden ihr Geld zu uns ver- schieben“, berichtet Jahn. Von Neukunden nimmt die Kleinste im Bunde aber nur noch sehr begrenzt Einlagen an. Kommt ein Kunde in spe und möchte etwa 500.000 Euro auf einemGirokonto parken, heißt es: „Nein! Wir können Ihnen aber vernünftige Wertpapiere anbieten.“ Aller- dings möchte nicht jeder ein Depot, auch bei Bestandskunden ist oft viel Überzeu- gungsarbeit nötig. Wichtiges Wertpapiergeschäft Angesichts des niedrigen Zinsniveaus spielt das Wertpapiergeschäft für die Stadt- sparkasse Borken eine wichtige Rolle. „Aber seit dem Inkrafttreten von Mi%d II ist es viel schwieriger geworden“, %n- det Jahn. Dass sein Institut seitdem an Provisionen nichts mehr verdie- nen darf, ist für ihn widersinnig. Die telefonische Wertpapierbera- tung hat die Sparkasse Borken ganz eingestellt. Eine Telefonanlage, mit der sich die Gespräche nach allen Regeln von Mi%d II aufzeichnen las- sen, wäre zu teuer gewesen. „Aber wir sind ja vor Ort, hatten auch zu Corona-Zeiten regulär geö net, un- sere Kunden können immer schnell mal vorbeikommen“, erklärt Ernst. Er %ndet die Regulierung vor allem zeitraubend und kostentreibend. „Mi%d II ist ja nicht das einzige Regelwerk, das Verschärfungen mit sich gebracht hat“, sagt er. Es geht zum Mittagessen beim Italiener um die Ecke. „Hallo, Herr Jahn!“, „Herr Ernst, wie geht’s?“ Ja, die beiden Vorstände der örtlichen Sparkasse sind bekannt. „Als wir die letzte Geldwäscheprüfung hatten, hat uns die Ba%n mit sechs Prüfern ‚be- sucht‘“, erzählt Ernst im Restaurant. „Zwei Tage lang waren unsere Geldwäschebeauf- tragten in Interviews eingebunden“, berich- tet er. Die kleinste Sparkasse Deutschlands wird eben genauso geprüft wie die größte in Hamburg – und muss ebenso alle regu- latorischen Au agen erfüllen. Liegt es nicht allein schon deshalb nahe, dass die drei Sparkassen im Schwalm-Eder- Kreis fusionieren und ein größeres Institut bilden? Kosten ließen sich so allemal ein- sparen. „Ja, dieses Thema wird öfter an uns herangetragen“, sagt Ernst. „Aber wir möch- ten unsere kleine Sparkasse solange eigen- ständig halten, wie es nur geht“, erklärt der Vorstand. „Und dafür kämpfen wir alle jeden Tag um jeden Kunden.“ Die Uhr auf dem Europaplatz 1 zeigt 13.43 Uhr, die Kundenhalle ist nach der Mittagspause wieder geö - net. „Schauen Sie doch noch bei unserem Stollen vorbei“, emp%ehlt Mario Jahn. Dann verabschieden sich die beiden Vorstände. Und mit einemZwischenstopp am Besucher- stollen geht es zurück in Richtung Frankfurt – über die Straßen ohne Mittelstreifen. ANDREA MARTENS FP In Borken finden sich noch viele Spuren des einstigen Braunkohleabbaus (links). Auch die Kunst auf dem Europaplatz vor der Sparkasse erinnert an die Industriegeschichte der Stadt (unten). Im Jahr des 125-jährigen Jubiläums stickte eine Mitarbeiterin liebevoll ein Bild der Sparkasse Borken (oben). » Wir haben auch junge Mitarbeiter, die in Borken gut vernetzt sind und Bekannte und Freunde als Kunden gewinnen. « Mario Jahn, Vorstand BANK & FONDS Sparkassen 378 fondsprofessionell.de 3/2021 FOTOS: © CHRISTOPH HEMMERICH

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