FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2021
Brüchige Treue Der digitale Wandel gefährdet das Geschäftsmodell der klassischen Hausbank , die Loyalität der Kunden schwindet. Doch die Institute können die Konsumenten zurückgewinnen. B islang galten die Deutschen als treue Anhänger ihrer Hausbank und deren Filiale. Finanzgeschäfte erledigten sie am liebsten persönlich – und ein Wechsel zu anderen Anbietern kam kaum infrage. Doch auf diese Gewissheit können sich Banken nicht mehr stützten. Selbst die Menschen hierzulande freunden sich zu- nehmend mit Online-Banking und Finanz- Apps an. Die Corona-Pandemie forcierte die Entwicklung. Doch sind die traditionellen Geldhäuser chancenlos diesemWandel ausgesetzt und müssen eingedenk des Kostendrucks rei- henweise Filialen dichtmachen und Ge- schäftszweige zurückstutzen? Zum Teil ja, dennoch haben Hausbanken durchaus noch Chancen. Zu diesem Ergebnis kom- men jedenfalls mehrere Branchenkenner von Unternehmensberatungen, die die Hindernisse und das Potenzial für die hei- mischen Retailbanken ausgelotet haben. Grundsätzlich schwindet zunächst ein- mal die Loyalität der Kunden zu ihrer Hausbank. Bislang nur gelegentliche Aus- üge zur Konkurrenz werden zur Regel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Unternehmensberatung Bain & Com- pany. Demnach kaufen mittlerweile 59 Prozent der Bankkunden auch Finanzpro- dukte von anderen Instituten. Die Bain-Be- rater befragten für ihre Studie zur Loyalität im Privatkundenbanking 56.000 Menschen weltweit, hierzulande waren es 7.600. Während die Hausbank einst die erste und oft einzige Anlaufstelle für Finanz- geschäfte war, erodiert diese Rolle zuse- hends. Sind die Kunden das erste Mal fremdgegangen, gerät der Stein erst richtig ins Rollen. „Wenn die Loyalität zur Haus- bank sinkt, wird die Kundschaft o ener für alternative Angebote und ist eher bereit, die Bank zu wechseln“, warnt Bain-Partner Markus Bergmann. Ins Mark getroffen Als Gründe für die wachsende Untreue nannten die Befragten vor allem ein besse- res Preis-Leistungs-Verhältnis, einen besse- ren Service und leichter zu bedienende Onlinezugänge und Apps. Besonders schmerzlich für die Hausbanken: Kunden gehen besonders bei margenträchtigen Produkten wie Krediten, Versicherungen und in der Geldanlage fremd. Das tri t die Hausbanken ins Mark. „Diese Abwande- rung verschärft den Handlungsdruck und gefährdet zunehmend das Geschäftsmodell im traditionellen Retailbanking“, stellt Bain- Experte Nikola Glusac fest. Wie umfassend der Gewohnheitswandel durch Lockdown und die Verlagerung des Lebens in die digitale Welt sind, zeigt eine weitere Umfrage unter 305 Bankmanagern weltweit, durchgeführt von der Research- abteilung der Zeitschrift „The Economist“. Darin sagten 65 Prozent der Befragten, dass » Die Pandemie hat die Banken gezwungen, auch beratungsintensi- vere Angebote digital bereitzustellen. « Kanika Hope, Temenos Bankkunden neigen immer mehr zum Fremdgehen. Das trifft die eta- blierten Institute an empfindlicher Stelle. Denn oft werden margen- trächtige Produkte wie Kredite und Geldanlagen anderswo gekauft. BANK & FONDS Hausbank 386 fondsprofessionell.de 3/2021 FOTO: © ROOSTLER | STOCK.ADOBE.COM
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=