FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021
Investmententscheidungen einbeziehen kann. Dabei stellen wir nicht nur die Ergebnisse unserer hauseigenen Nach- haltigkeitsanalysen zur Verfügung, parallel dazu erscheinen auch die Scorings externer Ratinganbieter wie etwa MSCI ESG. Heuser: Die Entscheidung, wie ein Fonds- manager diese Informationen umsetzt, bleibt aber ihm überlassen, richtig? Tanzmeister: In Bezug auf unsere klassisch gemanagten Investmentfonds trifft das zu. Anders ist es bei einem dezidiert nach- haltig-positiv gemanagten Fonds wie dem Global Income Sustainable Fund. Hier ist der Portfoliomanager gehalten, die speziell für diesen Fonds entwickelten zusätzlichen Nachhaltigkeitskriterien auf jeden Fall zu berücksichtigen. Claus: Was bedeutet das konkret? Gibt es zum Beispiel bestimmte Sektoren oder Wertpapierklassen, die Sie im Global In- come Sustainable Fund ausschließen? Schoenhaut: Auf Branchen und einzelne Unternehmen bezogen verfolgen wir einen Ansatz, für den wir nicht nur konkrete Ausschlusskriterien formuliert haben, son- dern auch bestimmte normenbasierte Kri- terien. Zudem fließen die Erkenntnisse aus unserem hausinternen ESG-Research in die Anlageentscheidungen der jeweiligen Fondsmanager ein. Ausgeschlossen werden die auch aus anderen Bereichen bekannten Branchen wie etwa Kohle oder Atomkraft, aber auch Öl- und Gasproduzenten,Glücks- spielbetreiber sowie Waffenhersteller und die Tabakindustrie. Die normenbasierten Ausschlüsse betreffen Unternehmen, die gegen den sogenannten UN Global Com- pact verstoßen. Ausgeschlossen werden zudem Unternehmen, die wir anhand der Ergebnisse unserer hauseigenen ESG-Ana- lyse als nicht nachhaltig einstufen. Bezogen auf die Investmententscheidung für oder gegen die Aktie eines bestimmten Unter- nehmens ist das aufgrund der umfassen- den Informationen, die unseren Fondsma- nagern zur Verfügung stehen, vergleichs- weise problemlos umzusetzen. Komplexer wird es in Bezug auf den Anleihenbereich, insbesondere wenn es sich um strukturierte Wertpapiere handelt.Das führt aber in aller Regel nicht dazu, dass ganze Wertpapier- klassen ausgeschlossen werden. Heuser: Eine Formulierung wie „in aller Regel“ bedeutet aber meist, dass es Aus- nahmen gibt. Nennen Sie uns eine? Schoenhaut: Die sogenannten Non-Agency- Hypothekenanleihen sind ein gutes Bei- spiel. Das sind verbriefte Immobilienkredi- te, die von privaten Banken oder anderen Finanzinstituten ausgegeben werden, und nicht von einer staatlichen oder halbstaat- lichen Organisation abgesichert oder ga- rantiert sind, wie das bei einem Agency- MBS-Papier der Fall ist. Während beide Arten in der Klassik-Version des Fonds zum Einsatz kommen, verzichten wir bisher dar- auf, Non-Agency-Anleihen in den Global Income Sustainable Fund aufzunehmen. Claus: Was sind die konkreten Gründe? Schoenhaut: Gerade bei solchen strukturier- tenWertpapieren stehen wir als Asset Mana- ger vor einer vollkommen anderen Heraus- forderung, verglichen mit der ESG-Ein- schätzung zu der Aktie eines Unterneh- mens, für das wir nicht nur über unser eigenes ESG-Urteil verfügen, sondern auch über ein externes Rating. Eine Non-Agen- cy-Anleihe unter ESG-Gesichtspunkten zu beurteilen ist bei Weitem komplexer.Denn wir müssten sehr viele Details hinterfragen, etwa zur Höhe der Zinssätze der einzelnen darin verbrieften Kredite oder ob die Standorte der darüber finanzierten Immo- bilien eine Rolle spielen, und nicht zuletzt ob die Qualität der dahinter stehenden Kreditgeber unseren Anforderungen ent- spricht. Wir arbeiten allerdings an einer » Es ist schwer vorstell- bar, dass man ein Multi- Asset-Income-Portfolio managt, ohne auf Hoch- zinsanleihen zurück- greifen zu können. « Jakob Tanzmeister, J.P. Morgan AM Jakob Tanzmeister J.P. Morgan AM MARKT & STRATEGIE Nachhaltig nachgefragt | Michael Schoenhaut + Jakob Tanzmeister | J.P. Morgan AM 120 fondsprofessionell.de 4/2021 NACHHALTIG NACHGEFRAGT FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH
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