FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021
wegen der Qualität unserer Objekte bei uns, nicht wegen der Höhe der Provision. Wohnungen zu privatisieren ist nicht besonders schwierig, das kann jeder, dafür braucht man auch kein großes Backoffice oder den ganzen Apparat, wie wir ihn bei Domicil haben. Aber wenn Sie Verspre- chungen machen, müssen Sie die über Jahre halten. Die Finanzdienstleisterszene hat sich komplett gewandelt. Es wird inzwischen viel mehr Wert auf Qualität und Langfristigkeit gelegt und weniger auf die reine Provisionshöhe. Im deutschen Markt für Wohnimmobilien wird derzeit wieder zunehmend vor dem Platzen einer Preisblase gewarnt, und einstweilen steigen die Preise weiter. Immobilien sind ein heterogenes Geschäft. Wir haben nicht überall Wohnungsman- gel, sondern vor allem in den Schwarm- gebieten München, Hamburg, Berlin oder auch noch in Ulm oder Aschaffenburg. Aber in manchen ländlichen Gebieten wächst der Leerstand, und die Immo- bilienpreise entwickeln sich umgekehrt. In guten Münchner Lagen zahlen Sie für Wohnungsneubauten fünfstellige Beträge je Quadratmeter. Domicil verkauft Woh- nungen in den Speckgürtelregionen der Metropolen in der Regel zwischen 3.000 und 4.000 Euro je Quadratmeter. Bauen ist teurer. Ich bin da ganz entspannt: Selbst wenn hier die Preise um zehn Prozent runtergehen sollten, tangiert das unser Geschäftsmodell nicht, wir sind in einer Preisklasse unterwegs, die zuletzt von Preis- schwankungen getroffen wird. Im Idealfall können wir sogar wieder günstiger ein- kaufen. Ich finde die Rede von platzenden Blasen komisch, solange kaum Angebot auf demMarkt ist. Wie beurteilen Sie den Wunsch nach Ent- eignung größererWohnbestandshalter, wie er sich kürzlich bei einemVolksentscheid in Berlin klar formulierte? Das ist das Letzte, was eine Marktwirtschaft braucht. Für das Vertrauen in den Kapital- markt und in Deutschland als stabilen Wirtschaftsstandort wäre das ein verheeren- des Signal. Aber das Ergebnis des Volks- begehrens ist ja zum Glück nicht rechtlich bindend, sodass es auch nicht umgesetzt werden muss. Es war ein politisches Pro- gramm, die Leute in Mietverhältnissen zu belassen. Die Deutschen sind ein Sparer- volk mit Angst vor Schulden. Dabei könn- te die Eigentumsquote auch bei vertret- barem Risiko viel höher sein. Wo ziehen Sie die Grenze zwischen bezahl- baremund nicht mehr bezahlbaremWohn- raum? Die Kosten für Wohnen dürfen nicht mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens aus- machen, sie sollten deutlich darunter sein. Der Staat muss mehr bauen, um dem Wohnungsmangel in den großen Städten zu begegnen. Aber auch Eigentümer gehö- ren in die Pflicht genommen. Wem Bau- land gehört, der soll entweder selber bauen oder verkaufen. Wie sind Ihre Immobilienangebote im Hin- blick auf Artikel 8 oder Artikel 9 der Offen- legungsverordnung zu klassifizieren? Wir nehmen das Thema Nachhaltigkeit ernst. Als Bestandshalter und -entwickler können wir vor allem im Bereich Energie aktiv werden: energetische Sanierung von Fenstern, Dach oder Fassade. Wir sehen unser Geschäftsmodell auch in gutem Ein- klang mit den sozialen Aspekten der ESG- Kriterien: Wir bieten bezahlbaren und sicherenWohnraum für unsere Mieter und wollen eine stabile Altersvorsorge für pri- vate Kapitalanleger schaffen. Vielen Dank für das Gespräch. TILMAN WELTHER FP KURZ-VITA: Khaled Kaissar Khaled Kaissar ist Vorstandsvorsitzender der 2009 von ihm gegründeten Domicil Real Estate AG, die bundesweit Wohnungsbestände erwirbt und zeitnah wieder an Mieter, Selbstnutzer und Kapitalanleger weiterverkauft. » Die Finanzdienst- leisterszene hat sich komplett gewandelt. « Khaled Kaissar, Domicil Real Estate FOTO: © ANDREAS GEBERT 210 fondsprofessionell.de 4/2021 SACHWERTE Khaled Kaissar | Domicil Real Estate
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