FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

Dozent, Sachverständiger und Unterneh- mensberater zur PKV tätig ist. „Typisch ist die klassische Abschlusscourtage von meist sieben bis neun Monatsbeiträgen, es wer- den aber auch laufende Abschlussvergü- tungen geboten. Diese werden allerdings von Vermittlern nur wenig genutzt, da die laufende Vergütung die Abschlusscourtage erst nach rund sieben Jahren einholt“, hat Trautner beobachtet. Mischmodelle seien machbar, aber noch weniger gefragt. „Vor- reiter ist hier die Hallesche, wo man bei jedem Gruppenvertrag individuell neu wählen kann, wie die Gewichtung für die konkrete Firma bei Abschluss sein soll“, be- richtet Trautner. Interessant ist auch die ver- gleichsweise kurze Stornohaftung, die in der bKV nur ein Jahr beträgt, während sie in der PKV sonst bei fünf Jahren liegt. Freigrenze steigt Seit 2020 sind Zuwendungen der Arbeit- geber für eine bKV im Rahmen der Frei- grenze für Sachbezüge wieder steuer- und sozialabgabenfrei. Voraussetzung nach zwei Urteilen des Bundesfinanzhofes: Die Zu- wendung wird ausschließlich als Versiche- rungsschutz gewährt und nicht als Geld- leistung. Wenn die Firma dagegen einen Geldzuschuss für eine Versicherung zahlt, die der Arbeitnehmer eigenständig ab- schließt, ist dies weiterhin als zu versteuern- der Barlohn anzusehen (Az.: VI R 13/16 und Az.: VI R 16/17). Die Freigrenze be- zieht sich allerdings auf die Summe aller Arbeitgeberzuwendungen, zu denen auch Tankgutscheine oder ein Jobticket für den Nahverkehr zählen. Die Steuerbefreiung ist also womöglich schon zu einem großen Teil ausgeschöpft. Immerhin: Zum 1. Janu- ar 2022 steigt die Freigrenze von aktuell 44 auf 50 Euro pro Monat. Brandaktuell ist die Ausweitung des An- gebots betrieblicher Pflegeversicherungen (bPV). In den Fokus rückte sie durch den bundesweiten Tarifabschluss eines Pflege- geldes für die Chemie- und Pharmabran- che („Careflex Chemie“). Seit 1. Juli bezahlt der Arbeitgeber dafür 33,65 Euro pro Monat und Mitarbeiter. Dafür wird es 300 Euro Pflegegeld pro Monat bei ambulanter Pflege geben und 1.000 Euro bei stationä- rer Pflege. Verantwortlich ist ein Konsor- tium von R+V und Barmenia. Außertarif- lich Beschäftigte können das Pflegegeld ebenfalls erhalten, wenn ihr Arbeitgeber dies vereinbart, betont die R+V. Bislang klappe dies schon bei 90.000 der 130.000 „Außertariflichen“. Pflegepolicen Auch außerhalb von Tarifverträgen tut sich was bei der bPV. So beinhaltet der Pflegetarif der Süddeutschen als obligatori- sche Leistung im Pflegefall für Firmen ein Pflegetagegeld zwischen 500 bis 1.500 Euro pro Monat (je nach Pflegegrad). Zusätzlich gibt es Services wie Hilfe bei der Pflege- gradeinstufung und der Pflegeplatzsuche. Vorteil: Es gibt eine vereinfachte Gesund- heitsprüfung; dabei wird nur gefragt, ob schon ein Pflegeantrag gestellt wurde oder ob Pflegebedürftigkeit besteht. Nachteil: Das Angebot der Süddeutschen gilt erst für Firmen ab 20 Beschäftigten. Außerdem zahlt der Arbeitgeber keinen Einheitsbei- trag, sondern der Beitrag berechnet sich nach dem Alter jedes Arbeitnehmers. Eini- ge Versicherer setzen die Mindestzahl an Versicherten bei zehn an, andere bei fünf (Allianz, Barmenia, SDK), manche bei drei (Signal, Württembergische). „Die Mindest- anzahl sollte sich auf fünf einpegeln, damit die Masse der kleinen Betriebe erreicht wird und zugleich die Versicherer ihre Kalkulation beherrschbar halten“, findet bKV-Experte Trautner. Auch die Hallesche will die bPV stärken, setzt dabei aber auf die „finanzielle und organisatorische Entlastung der pflegenden Angehörigen mit einem Pflegebudget und Assistance“, beschreibt Vorstand Wiltrud Pekarek den neuen Ansatz. Der dürfte auch den freien Vermittlern weitere Argu- mente an die Hand geben, denn wenn die Angehörigen weiterarbeiten können, freut das auch den Arbeitgeber. Win-win-Situation Am Datenschutz wird das große Ver- triebspotenzial übrigens nicht scheitern: Arztrechnungen begleicht der Arbeitneh- mer im Rahmen der bKV über den Bud- get-Tarif direkt mit dem Versicherer. Dafür schickt er die Rechnungen ein und erhält dann die Erstattung. Der Arbeitgeber ist außen vor, er erfährt weder etwas über den Gesundheitszustand des Beschäftigten noch hat er administrativen Aufwand. Von einer bKV haben also beide Seiten etwas: Während der Arbeitnehmer von einer besseren Vorsorge profitiert, poliert der Arbeitgeber ohne übermäßigen Auf- wand sein Image auf und senkt Kranken- tage und Fluktuation. „Einfacher als mit einer bKV lässt sich eine Win-win-Situation kaum beschreiben“, meint bKV-Experte Trautner. DETLEF POHL FP » Die laufende Courtage holt die klassische Abschlusscourtage erst nach rund sieben Jahren ein. « Andreas Trautner, PKV-Sachverständiger FONDS & VERSICHERUNG Betriebliche Krankenversicherung 272 fondsprofessionell.de 4/2021 FOTO: © TRAUTNER

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