FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

sung klagen“, so der Jurist.Warte man dage- gen ab und gehe nach und nach auf die Kunden zu, gebe es keine Indizien dafür, dass die alten Informationen unlauter und rechtswidrig verwendet werden. Zumal der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass man diejenigen Kunden „mitnehmen“ dürfe, deren Daten man im Gedächtnis habe – das lässt sich weit auslegen. „Passive Akquise“ Vermittler können ferner ganz legal An- zeigen in lokalen Zeitungen schalten oder Briefe in Gebieten verteilen, in denen viele ehemalige Kunden leben. Hinzu kommt die „passive Akquise“: Oftmals behalten die Vermittler ihr Büro und ihre Telefonnum- mer.Wenn alte Kunden diese aus Gewohn- heit anrufen, kann der Makler seine verän- derte Situation erwähnen und den Kunden abwerben. Schließlich kann ein Vermittler auch auf Mund-zu-Mund-Propaganda hof- fen: „Ich kenne den Fall eines Vermittlers aus einem kleinen Dorf. Als er aus der Aus- schließlichkeit ins Maklerlager wechselte, wussten das sofort alle und blieben ihm treu“, berichtet Behrens. Übrigens: Dass Anrufe bei oder E-Mails an ehemalige Kunden, die sicher keine aus- drückliche Genehmigung zur Kontaktauf- nahme gegeben haben, für Berater recht- liche Konsequenzen wegen unerlaubter Werbung im Sinne von Paragraf 7 UWG haben könnten, sieht Behrens nicht: „Da- rüber wird sich kein Kunde beschweren. Einen solchen Fall habe ich in meiner Praxis noch nicht gehabt“, berichtet der Anwalt und fügt an, dass die Versicherungs- nehmer in der Regel froh seien, bei ihrem Berater bleiben zu können. Bleibt der Kunde dem Vermittler treu, muss dieser weitere Punkte prüfen: Einige Versicherer arbeiten nicht mit Maklern zu- sammen, sodass der Vermittler Verträge „umdecken“ muss. Bei kurz laufenden Sachpolicen ist das unter Beachtung der Maklerpflichten meist unproblematisch. Bei Lebensversicherungen, die 15 Jahre oder länger laufen, wird es verzwickter. Die Kündigung einer Police und die Vermitt- lung einer neuen müssen genau geprüft werden, damit sich der Kunde nicht schlechter stellt.Das ist bei älteren, hochver- zinsten Produkten kaummöglich. Zudem muss man die erneuten Abschlusscourta- gen bedenken, die die Rendite des Kunden schmälern (siehe Kasten unten). Kündigt der Makler Lebenspolicen, die er einst selbst vermittelt hat und deren Stor- nofrist von fünf Jahren noch läuft, wird der Versicherer auf anteilige Rückzahlung der Abschlusscourtagen pochen oder die noch ausstehende Stornoreserve des Vermittlers kürzen. „Man muss als Makler schon ge- nau hinsehen, welche Konsequenzen sich aus einer Kündigung ergeben und ob ein neuer Vertrag einen Ausgleich schaffen kann“, so Behrens. „Eine Faustformel gibt es dafür nicht.“ Im Gegensatz zum Wechsel ins Maklerlager. JENS BREDENBALS FP » Man kann versuchen, mit dem Versicherer eine einvernehmliche Lösung zu finden. « Kai Behrens, Kanzlei Behrens Weitgehende Maklerpflichten Sachwalter: Der Makler hat als Sachwalter des Kunden weitreichende Pflichten. Das hat der Bundesgerichtshof Maklern in seinem bekannten „Sachwal- ter-Urteil“ (Az. IVa ZR 190/83) aus dem Jahr 1985 aufgegeben. „Er muss (…) von sich aus das Risiko untersuchen, das Objekt prüfen und den Versicherungs- nehmer als seinen Auftraggeber ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wich- tigen Zwischen- und Endergebnisse seiner Bemü- hungen, das aufgegebene Risiko zu platzieren, unterrichten“, heißt es in dem Entscheid. Beratungspflicht bei Wechsel: Die Sorgfaltspflichten gelten gerade auch dann, wenn der Kunde eine neue Police erhalten soll: „In der Rechtspre- chung ist bereits anerkannt gewesen, dass die Beratungspflichten des Ver- sicherungsmaklers gerade bei einem Wechsel des Versicherungsschutzes sehr weitreichend sind. Hintergrund ist, dass sich der Versicherungsnehmer grund- sätzlich bei einemWechsel des Versicherungsver- trags nicht verschlechtern will“, sagt Anwalt Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow. Austausch von Lebenspolicen: Der BGH hat diese Grundsätze 2018 speziell in einem Urteil (Az. I ZR 274/16) für Lebenspolicen unter- strichen: Ein Vermittler hatte 2006 empfohlen, die Prämie einer 1999 abgeschlossenen Lebensver- sicherung erheblich zu reduzieren und stattdes- sen eine sogenannte Rürup-Police abzuschließen. Das tat der Kunde. Später verlor der Vermittler einen Rechtsstreit über die Verletzung der Bera- tungspflichten: Er hatte keinenVergleich der neuen Versicherung mit den alten Verträgen hinsichtlich Rentabilität oder Wirtschaftlichkeit angestellt. Der BGH pflichtete den unteren Instanzen bei. FONDS & VERSICHERUNG Vom Vertreter zum Makler 276 fondsprofessionell.de 4/2021 FOTO: © KANZLEI BEHRENS

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