FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

Gut vorbereitet Ab August 2022 müssen Anlageberater die Nachhaltigkeits- präferenzen ihrer Kunden berücksichtigen. Auch wenn viele Details noch unklar sind, können sie sich heute schon mal „warmlaufen“. O b Erfahrungen mit Wertpapieren, finanzielle Verhältnisse, Risikobereit- schaft oder Anlagedauer: Finanzberater haben Routine darin, bei ihren Kunden zahlreiche Daten abzufragen, bevor sie ihnen einen Fonds vermitteln. Ab August 2022 wird die Liste der vom Gesetzgeber geforderten Fragen länger. Dann müssen Anlageberater zwingend die „Nachhaltig- keitspräferenzen“ ihrer Kunden erheben – so sieht es eine Änderung der Mifid-II- Richtlinie vor (siehe auch FONDS profes- sionell 3/2021, Seite 400). Branchenkenner rechnen fest damit, dass diese Regeln in die Finanzanlagenvermittlungsverordnung über- nommen werden, demnächst also auch für gewerbliche Fondsmakler gelten. Bislang ist die Frage, ob ein Kunde bei der Geldanlage Nachhaltigkeitsaspekte be- rücksichtigt wissen möchte, als freiwilliger Punkt unter den „sonstigen Angaben“ bei der Ermittlung der Anlageziele versteckt. Künftig wird aus der Kür eine Pflicht. Ins- besondere für Finanzberater, die sich bis- lang kaum mit der ökologisch-ethischen Geldanlage beschäftigt haben, ist das eine Herausforderung. Wie spreche ich meine Kunden regulatorisch korrekt auf das The- ma an? Und welche Fonds darf ich ihnen überhaupt empfehlen? Wirklich konkrete Antworten auf diese Fragen gibt es bislang nicht. Wie die Erhe- bung der Nachhaltigkeitspräferenzen ge- nau zu erfolgen hat, geht aus der Mifid-II- Änderung nämlich nicht hervor. Die Euro- päische Wertpapieraufsicht ESMA wird Leitlinien erarbeiten, an denen sich die Branche orientieren kann. Noch sind diese aber nicht veröffentlicht. Die Bafin kün- digte an, diese Handreichung in ihr „MaComp“-Regelwerk zu übernehmen. „Zugleich werden wir den Instituten als Ansprechpartner für Rückfragen zur Verfü- gung stehen“, sagt Thorsten Pötzsch, der neue Bafin-Exekutivdirektor für die Wert- papieraufsicht, im Interview mit FONDS professionell (siehe Seite 400). „Wir werden sie gut an die Hand nehmen, sodass sie die neuen Regeln künftig auch richtig anwen- den können.“ Branchenstandard in Arbeit Auch die Frage, welche Fonds die ESG- Vorstellungen des Anlegers erfüllen und daher als geeignetes Produkt empfohlen werden dürfen, ist offen. Ein großes Pro- blem: Brüssel kommt bei vielen Detail- regelungen nicht hinterher. Die Mifid-II- Anpassung verweist beispielsweise auf die Taxonomie- und die Offenlegungsverord- nung, für die die EU-Kommission nach wie vor an technischen Standards feilt. Der BVI und die Bankenverbände arbeiten zwar schon seit geraumer Zeit an einem „Zielmarktkonzept“, das in Deutschland als Branchenstandard dafür dienen soll, wann » Erst durch den Ver- gleich der Anlagebedin- gungen mehrerer Fonds zeigt sich, welcher Port- foliomanager die Latte wirklich hoch legt. « Stefan Fritz, GLS Investments Bislang ist die Frage, ob ein Kunde bei der Geldanlage Nachhaltigkeits- aspekte beachtet wissen möchte, für Finanzberater freiwillig. Doch schon im kommenden Sommer wird aus der Kür eine Pflicht. VERTRIEB & PRAXIS Nachhaltige Anlageberatung 282 fondsprofessionell.de 4/2021 FOTO: © SWAPAN | STOCK.ADOBE.COM

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