FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

ein Fonds als nachhaltig gelten darf. Diver- se Entwürfe machten die Runde, und eini- ge Asset Manager haben bereits begonnen, ihre Produktpalette entsprechend auszu- flaggen. Ein endgültiges Ergebnis steht aber noch aus, weil die Bafin Bedenken anmel- dete (siehe Kasten unten). Doch trotz dieser Unsicherheiten ist es sicherlich keine gute Idee, als Anlageberater einfach die Hände in den Schoß zu legen. „Finanzberater sollten die Zeit nutzen, sich mit der Materie vertraut machen und auch beginnen, ihre Kunden auf die anstehen- den Änderungen einzustimmen“, meint Stefan Fritz, Sustainable-Finance-Experte bei GLS Investments, der Asset-Manage- ment-Tochter der GLS Bank. Praxisnaher Leitfaden Wer heute schon ausprobieren möchte, wie er das Thema bei seinen Kunden ansprechen kann, kann sich auf der Web- site des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) umsehen. Dort findet sich unter dem Reiter „Weiterbildung“der „Leitfaden zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferen- zen“, den das FNG mit dem Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik (DNWE), erfah- renen Finanzberatern und Wissenschaft- lern erarbeitet hat. Der kostenlose Leitfa- den wurde vor einem Jahr herausgebracht, also vor Veröffentlichung der endgültigen Mifid-II-Ergänzung. Als Orientierung dafür, wie der eigene Beratungsprozess um ESG- Aspekte erweitert werden kann, taugt das Dokument dennoch. Sobald die fehlenden Details aus Brüssel vorliegen, will das FNG den Leitfaden aktualisieren. Auch an einer nachhaltigen Produkt- palette können Finanzberater bereits arbei- ten. Es ist zwar unmöglich, heute schon eine Liste aller „vertriebsfähigen“ ESG- Fonds zusammenzustellen – dafür muss erst die finale Fassung des Zielmarktkon- zepts vorliegen. Mit der Analyse, welches Portfolio denn zu welchen Vorstellungen von Nachhaltigkeit passen dürfte, können Vermittler aber bereits beginnen. Gezielter Fondsvergleich GLS-Investments-Experte Fritz nennt vier Punkte, die Beratern helfen sollen, ihre Fondsauswahl gegenüber Kunden vertre- ten zu können. „Wichtig ist natürlich die regulatorische Einordnung, also wie der Fonds gemäß Offenlegungsverordnung eingestuft wurde“, so Fritz. Hinzu komme die Glaubwürdigkeit des Anbieters. Drit- tens nennt Fritz die Strenge der Kriterien: „Erst durch den Vergleich der Anlagebe- dingungen mehrerer Fonds zeigt sich, wel- cher Portfoliomanager die Latte wirklich hoch legt.“ Als relevant erachtet er zudem die Transparenz zu den Investments – auch abseits der Pflichtdokumente: „Wenn ein Anbieter regelmäßig offenlegt, warum er aus ESG-Aspekten in einen ganz bestimm- ten Titel investiert hat, gibt das Anlegern einen guten Einblick in die Vorgehenswei- se des Portfoliomanagers“, so Fritz. Für einen ersten Überblick ist es zum Glück nicht nötig, Dutzende Verkaufs- » In unserer Datenbank ist eine Suche nach verschiedenen Nachhal- tigkeitszielen möglich. « Christian Hammer, NFS Netfonds Ringen um das Zielmarktkonzept Sobald Anlageberater die Nachhal- tigkeitspräferenzen ihrer Kunden berücksichtigen müssen, stellt sich eine entscheidende Frage: Welche Fonds dürfen den Anlegern über- haupt als nachhaltig angeboten werden? Problem: Wirklich konkrete Vorgaben aus Brüssel fehlen. Schlimmer noch: Zwei wichtige EU-Regelwerke arbeiten mit un- terschiedlichen Definitionen. Ein Fonds, der gemäß Offenlegungs- verordnung nachhaltig ist, erfüllt nicht zwingend die Krite- rien, um auch nach Mifid II als nachhaltig vertrieben werden zu dürfen. Lösung: Um einen praxistauglichen Weg zu finden, wie ein Berater schnell Fonds herausfiltern kann, die den Nachhaltigkeitspräferenzen seiner Kunden entsprechen, arbeiten der Branchenverband BVI und die Bankenverbände ein sogenanntes „Zielmarktkonzept“ aus. Die Zielmarktangaben eines Fonds sollen um eine Kate- gorie zum Nachhaltigkeits- ansatz erweitert werden. Verzögerung: Die Arbeiten am Zielmarktkonzept wur- den schon vor zweieinhalb Jahren begonnen – die Branche wollte rechtzeitig eine Einigung vorlegen, damit Anbietern und Vertrieben ge- nug Zeit bleibt, einen automatisier- ten Datenaustausch einzurichten. Doch die Bafin ist mit den bisher vorgelegten Entwürfen nicht zufrie- den. Die Finanzaufsicht muss das Konzept zwar nicht offiziell freige- ben, sowohl die Fondshäuser als auch die Banken fühlen sich aber wohler, wenn die Bafin es zumin- dest informell absegnet. Wann es zur Einigung kommt, ist offen. Klar ist nur eines: Die Zeit wird knapp. VERTRIEB & PRAXIS Nachhaltige Anlageberatung 284 fondsprofessionell.de 4/2021 FOTO: © NFS NETFONDS

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