FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

Wir fahren die Technik sukzessive hoch und werden perspektivisch auch Videobe- ratung anbieten. Bei der Comdirect haben wir schon lange eine Baufinanzierungs- beratung per Telefon und Video. Dabei stellten wir fest, dass viele Kunden gar kei- nen Wert auf eine Videoübertragung legen. Die telefonische Beratung funktioniert auf der Kreditseite hervorragend – und das letz- te Jahr hat gezeigt, dass dies auch auf die Anlageseite zutrifft.Wenn Sie den Kunden durch ein Dokument oder einen Prozess lotsen, konzentriert er sich ohnehin voll auf die Internetseite und nimmt Sie oder Ihr Bild gar nicht mehr wahr. Der wesentliche Vorteil für den Kunden ist, dass er schnell und unkompliziert einen kompetenten Ansprechpartner erreicht – ob mit oder ohne Videobild, ist da zweitrangig. Wird die Zahl der Anlageberater bei der Commerzbank durch den Umbau unterm Strich denn sinken? Das lässt sich schlecht beziffern. Aus den Filialschließungen wird es zwar zu einem Stellenabbau kommen, in den Beratungs- zentren bauen wir aber Kapazitäten auf. Die Zahl der echtenWertpapierspezialisten, die sich voll auf die Anlageberatung kon- zentrieren und auch vermögendere Kun- den betreuen, wird perspektivisch eher zu- als abnehmen. Zu einem ganz anderen Thema: Ab August 2022müssen Anlageberater die „Nachhal- tigkeitspräferenz“ ihrer Kunden erheben. Fragen Ihre Berater diesen Punkt unabhän- gig von der Regulierung heute schon ab? Ja, die Nachhaltigkeit spielt heute schon eine wichtige Rolle in den Kundengesprä- chen, sie ist ja auch eines der vier Ziele, die sich unsere Bank im Rahmen der „Strate- gie 2024“ gegeben hat. Die Frage, ob ein Kunde sein Geld nachhaltig investieren möchte, ist bei uns bereits Standard. Die Regulierung sorgt dafür, dass dies künftig noch strukturierter geschehen wird als bis- her, aber neu ist das Thema für uns nicht. Das geht übrigens über die Geldanlage hinaus.Wir bieten beispielsweise eine Bau- finanzierung an, bei der die Kunden einen Zinsvorteil erhalten, wenn sie nachhaltig bauen. Interessanterweise hat Norman Foster schon bei den Entwürfen für unsere Konzernzentrale auf ökologische Aspekte geachtet und entsprechende Vorgaben für die Ausschreibung gemacht. Als das Hoch- haus 1997 fertiggestellt wurde, galt es als das weltweit erste „Green Building“ unter den Bürogebäuden. Zurück zur Geldanlage: Welcher Anteil des Neugeschäfts fließt denn in ESG-Produkte? Eine exakte Zahl habe ich nicht parat. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es keine Vertriebsveranstaltung gibt, in der das Thema nicht auf der Agenda steht. Unsere Produktpartner wie Allianz Global Inves- tors haben allesamt damit begonnen, ihre Fonds neu auszurichten oder neue Nach- haltigkeitsstrategien aufzulegen. Die Ban- ken spielen eine wichtige Rolle in der nötigen Transformation der Wirtschaft. Da geht es nicht nur darum, dem Geld über eigene Investments und die Kreditvergabe die richtige Richtung zu geben, sondern auch die Kunden dazu zu motivieren, verantwortungsvoll zu investieren. Perspek- tivisch werden alle von uns verantworteten Depots zu einem großen Teil nachhaltig sein. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH FP KURZ-VITA: Arno Walter Arno Walter, Jahrgang 1967, stieg nach seiner Bankausbil- dung und dem BWL-Studium an der Frankfurter Goethe- Universität 1995 als Projektleiter bei der Dresdner Bank ein. Nach einem kurzen Engagement bei der Deutschen Börse heuerte er 2002 bei der Commerzbank an. Dort organisierte er unter anderem die Übernahme und Integration der Dresdner Bank. 2015 wurde Walter Vorstandschef der dama- ligen Tochterfirma Comdirect in Quickborn. Anfang 2020 kehrte der leidenschaftliche Eintracht-Frankfurt-Fan als Bereichsvorstand Wealth Management & Unternehmerkunden in die Konzernzentrale zurück, wo er auch die Verschmel- zung der Comdirect auf den Mutterkonzern verantwortete. » Die Frage, ob ein Kunde sein Geld nachhaltig investieren möchte, ist bei uns bereits Standard. « Arno Walter, Commerzbank fondsprofessionell.de 4/2021 363 FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=