FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

ein Thema werden. Und nicht zuletzt wird auch die Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda stehen. Vielleicht kommt auch das Projekt, Finanz- anlagenvermittler mit Erlaubnis nach Para- graf 34f Gewerbeordnung unter die Auf- sicht der Bafin zu stellen, in der nächsten Legislaturperiode noch einmal auf das politische Tapet. Es gab in den vergangenen 20 Jahren schon mehrere Anläufe, die Aufsicht über freie Finanzvermittler auf die Wertpapier- aufsicht zu übertragen. Bisher sind solche Vorhaben allerdings immer gescheitert. Falls der Gesetzgeber in der kommenden Legislaturperiode entscheidet, dass wir die Aufsicht übernehmen sollen, dann werden wir dafür auch bereit sein. Aber soweit ich weiß, haben die Wahlprogramme der ein- zelnen Parteien das Thema der Aufsichts- übertragung nicht mehr in den Vorder- grund gestellt. Sie haben die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzmarktes angesprochen. Nun arbeitet die Bafin derzeit an Sonder- regeln für „nachhaltige Investmentvermö- gen“. Die Branche läuft dagegen Sturm. Sie argumentiert, diese Regeln würden dem Fondsstandort Deutschland schaden, weil Anbieter ihre ESG-Produkte an anderen Standorten mit weniger strengen Regeln auflegen könnten. Nehmen Sie diese Sorgen ernst? Wir nehmen das Thema internationaler Wettbewerb sehr ernst. Klare Vorgaben, die Transparenz fördern, sind aber durchaus ein Wettbewerbsvorteil und nicht nur als Belastung zu sehen. Die Vorreiterrolle, die uns hier bisweilen vorgeworfen wird, kann den betroffenen Kapitalverwaltungsgesell- schaften zudem einen entscheidenden zeit- lichen Vorteil verschaffen, um entsprechen- de zukunftsfähige Produkte aufzulegen. Ich bin mir sehr sicher, dass auch andere Län- der nachziehen werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Regeln, die Deutschland in dem einen oder anderen Bereich auf den Weg gebracht hat, EU-weit übernommen worden sind. Ich bin daher guter Dinge, dass wir unsere Richtlinie in einigen Wochen verabschieden werden. Seit Inkrafttreten der EU-Offenlegungsver- ordnung haben die Kapitalverwaltungs- gesellschaften etwa jeden fünften ihrer Fonds nach Artikel 8 eingestuft, manche nutzen dies werblich als eine Art Güte- siegel. Kontrolliert die Bafin eigentlich, ob die Anbieter ihre Fonds zu Recht als nach- haltiges Finanzprodukt einsortiert haben? Dabei helfen uns die jährlichen Berichte der Wirtschaftsprüfer, die wir für jeden von uns beaufsichtigten Fonds erhalten. Die Wirtschaftsprüfer stellen fest, ob ein Fonds im abgelaufenen Geschäftsjahr im Ein- klang mit seinen Anlagebedingungen ver- waltet wurde. Dies umfasst insbesondere auch die für den Fonds geltenden ESG-Vor- gaben. Wir schauen uns dann an, was die Prüfer herausgefunden haben. Selbstver- ständlich werden wir sehr genau beobach- ten und nachhalten, ob bei Fonds mit Aus- sagen hantiert wird, die nicht der Realität entsprechen. Ob wir diese Prüfungen flä- chendeckend vornehmen können,müssen wir sehen, das ist eine Frage der Kapazitä- ten. Aber dass wir in Stichproben prüfen werden, davon kann die Fondsbranche mit absoluter Sicherheit ausgehen. Voraussichtlich ab August 2022 müssen Anlageberater und Vermögensverwalter die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kun- den erheben.Wird die Finanzaufsicht ihnen hier zu Seite stehen, etwa mit einem Leit- faden, der die EU-Vorgaben für die Praxis präzisiert? Ja, wir werden die Leitlinien der Europäi- schen Wertpapier- und Marktaufsichtsbe- hörde ESMA in unsere Mindestanforde- rungen an die Compliance-Funktion und weitere Verhaltens-, Organisations- und » Wir dürfen uns nicht davor scheuen, öfter Entscheidungen zu tref- fen, die Gerichtsverfah- ren nach sich ziehen. « Thorsten Pötzsch, Bafin FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH 402 fondsprofessionell.de 4/2021 STEUER & RECHT Thorsten Pötzsch | Bafin

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