FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021

Transparenzpflichten, kurz MaComp, über- nehmen. Zugleich werden wir den Institu- ten als Ansprechpartner für Rückfragen zur Verfügung stehen. Wir werden sie gut an die Hand nehmen, sodass sie die neuen Regeln künftig auch richtig anwenden können. Ohne einen Branchenstandard, der festlegt, welche Finanzprodukte als nachhaltig ver- marktet werden dürfen, ist die neue Bera- tungspflicht kaum zu stemmen. Die Ver- bände arbeiten daher an einem entspre- chenden Konzept. Ist die Bafin in die Ent- wicklung eingebunden? Ja, wir wirken an dem Projekt mit und ste- hen wie schon bei der Entwicklung des Verbändekonzepts bei der Einführung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II im Aus- tausch mit der Industrie. Wir werden das Verbändekonzept allerdings nicht formell verabschieden, da es sich dabei nicht um eine Bafin-Leitlinie handelt. Aber ja, wir sind in die Erarbeitung eingebunden. Lassen Sie uns noch einmal auf die künfti- ge Schlagkraft der Finanzaufsicht kommen. Sie haben davon gesprochen, die Bafin müsse auch einmal bis an ihre Grenzen gehen. In welchen Fällen? Grenzen gibt es in vielen aufsichtlichen Bereichen.Wenn wir eine aktive Finanzauf- sicht sein wollen,müssen wir diese voll aus- testen. Das kann zum Beispiel die Abberu- fung von Vorständen einschließen oder die Bestellung von Sonderbeauftragten, etwa bei Defiziten in der Geldwäscheprävention. Wir dürfen uns nicht davor scheuen, öfter Entscheidungen zu treffen, die Gerichts- verfahren nach sich ziehen. Das kann selbstverständlich bedeuten, dass wir auch einmal einen Prozess verlieren. Anderen- falls reizen wir unsere Grenzen vermutlich nicht richtig aus. Das klingt sehr kämpferisch. Ich werde jedenfalls auch in der Wertpa- pieraufsicht nicht davor zurückschrecken, Neues zu probieren, genau wie in meinem früheren Geschäftsbereich. 2019 haben wir erstmals überhaupt einer Bank einen Son- derbeauftragten wegen Defiziten in der Geldwäscheprävention ins Haus geschickt. Außerdem haben wir die Verfolgung uner- laubter Geschäfte extrem intensiviert. Im Jahr 2017 gab es hier Maßnahmen bei 25 Unternehmen, inzwischen haben wir die Zahl auf mehr als 160 erhöht. Schwarze Schafe aus dem Verkehr zu ziehen ist für mich essenziell. Wenn wir übrigens über einen sauberen Kapitalmarkt sprechen, wünsche ich mir auch ein aktiveres Vorge- hen auf Ebene der Staatsanwaltschaften. Es ist kein Geheimnis, dass wir hier im inter- nationalen Vergleich hinter anderen Län- dern zurückliegen. Es sollte bei Kapital- marktdelikten häufiger zu Anklagen und auch zu schmerzhaften Verurteilungen kommen.Das alles sorgt für einen integren Finanzplatz und damit auch für einen star- ken Verbraucherschutz. Fast hört es sich so an, als wäre Ihr bishe- riger Geschäftsbereich spannender gewe- sen als der neue. Werden Ihnen diese Auf- gaben nicht fehlen? Ich war sehr gern in meiner bisherigen Position tätig, jetzt freue ich mich auf die neuen Aufgaben. Beide Bereiche sind ex- trem spannend. Vielen Dank für das Gespräch. ANDREA MARTENS FP » Ich werde auch in der Wertpapieraufsicht nicht davor zurückschrecken, Neues zu probieren. « Thorsten Pötzsch, Bafin KURZ-VITA: Thorsten Pötzsch Thorsten Pötzsch, Jahrgang 1963, begann seine Karriere 1993 als Justiziar beim Versorger RWE in Essen. Zwischen 1994 und 2007 war er in verschiedenen Referaten und Posi- tionen im Bundesministerium der Finanzen (BMF) und im Bundeskanzleramt tätig. Anschließend war Pötzsch bis 2016 Ministerialdirigent, Leiter der Unterabteilung Finanzmarkt- regulierung nationale und internationale Finanzmärkte beim BMF. Von 2016 bis 2017 war er Mitglied des Leitungsaus- schusses der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) in Frankfurt am Main. Im Januar 2018 wechselte er als Exekutivdirektor des Geschäftsbereichs Abwicklung zur Bafin. Seit September 2021 ist Pötzsch Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht und Asset Management. Der promovierte Jurist ist zudem Mitglied im Board of Supervisors der Euro- päischen Finanzmarktaufsicht ESMA. FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH 404 fondsprofessionell.de 4/2021 STEUER & RECHT Thorsten Pötzsch | BaFin

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