FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2021
Risikomessung nach Norm Berater müssen ein Risikoprofil ihrer Privatkunden erstellen. Allerdings lassen die Vorschriften viel Auslegungsspielraum – oft zum Nachteil der Anleger. Eine neue DIN-Norm soll Abhilfe schaffen. W er bei einem gewerblichen Vermitt- ler oder einer Bank ein Anlagepro- dukt kaufen möchte, muss jede Menge Papiere ausfüllen und Fragen beantworten. Der Gesetzgeber möchte Anleger so vor einer Fehlinvestition schützen. Ein wichti- ger Schritt dabei ist die Ermittlung der Risi- kotoleranz des Kunden nach Paragraf 64 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) respekti- ve Paragraf 16 Finanzanlagenvermittlungs- verordnung (FinVermV): Berater müssen vor der Produktwahl die „Risikoklasse“des Anlegers sowie seine Kenntnisse und finan- zielle Situation ermitteln, um so ein Risiko- profil zu erstellen. Der dazu genutzte soge- nannte WpHG-Bogen stößt bei Experten auf Kritik. „Die Regulierung macht be- stimmte Vorgaben, schreibt aber keinen konkreten und kompletten Prozess vor“, er- klärt Marco Habschick, Partner beim Con- sultinghaus Everest. „Das führt dazu, dass jeder Marktteilnehmer den WpHG-Bogen selbst entwickelt und insbesondere für die Ermittlung der Risikobereitschaft der Kun- den unterschiedliche Methoden in Ge- brauch sind, die mitunter auf unklaren oder wenig hilfreichen Fragen basieren.“ Dieses und andere Probleme wollen Branchenkenner mittels einer Standardisie- rung und Präzisierung der Risikoprofil- ermittlung lösen – und so auch für mehr Rechtssicherheit sorgen (siehe Kasten Seite 416). Ein Ausschuss amDeutschen Institut für Normung (DIN), bestehend aus Vertre- tern von Banken, Versicherungen und Ver- braucherschützern, entwickelt derzeit die DIN 77223 „Risikoprofilierung von Privat- anlegern unter Berücksichtigung ihrer Ver- mögens- und Einkommenssituation“. Ende Oktober wurde ein Entwurf veröffentlicht. FONDS professionell stellt die bislang be- kannten Details vor. DIN Spec 77223 Der geplante Standard hat einen Vor- läufer: 2016 legte das Defino Institut für Finanznorm die DIN-Spezifikation (Spec) 77223 vor – die Vorstufe zu einer „richti- gen“ Norm. Sie entstand im Rahmen der DIN Spec 77222 „Standardisierte Finanz- analyse für den Privathaushalt“, die 2019 in eine vollständige Norm (DIN 77230) um- gewandelt wurde (siehe auch FONDS pro- fessionell 3/2018, Seite 338). Die Spec 77223 sollte die Finanzanalyse um eine Ver- mögens- und Risikoanalyse ergänzen.Weil ohnehin Änderungen bei dieser Spec an- standen, beschloss Defino 2019, sie beim DIN-Institut in eine vollständige Norm zu überführen. „Ziel ist die Erstellung eines objektiven Risikoprofils eines Anlegers, das als Basis für die anschließende Prüfung und Auswahl geeigneter Produkte dient“, sagt Defino-Vorstand Klaus Möller, der auch Obmann des Arbeitsausschusses am DIN ist.Wichtig: Die eigentliche Beratung » Eine klare und verständliche Frage zur eigenen Risikoein- schätzung liefert sehr verlässliche Resultate. « Monika Müller, FCM Ein wichtiger Teil des Risikoprofils eines Anlegers ist dessen Risiko- bereitschaft. Ermittelt werden kann diese zum Beispiel mit psychologisch fundierten Tests – auf die Couch muss der Kunde dafür aber nicht. STEUER & RECHT DIN-Norm 414 fondsprofessionell.de 4/2021 FOTO: © RH2010 | STOCK.ADOBE.COM
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