FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022
Notausgang mit Restrisiko Manche vermögende Anleger haben zuletzt hohe Summen in geld- marktnahen Fonds geparkt, um das Verwahrentgelt auf dem Kon- to zu umgehen. Zuletzt zeigten sich die Grenzen dieser Strategie. D ie Zahl ist beeindruckend: Deutsch- lands Privathaushalte horten aktuell 1,8 Billionen Euro auf Giro- und Tages- geldkonten, zeigen Daten der Bundesbank. Die Summe steigt, obwohl immer mehr Institute ab gewissen Beträgen mittlerweile ein „Verwahrentgelt“ verlangen. Vergleichs- portalen zufolge berechnen mittlerweile rund 500 Banken und Sparkassen Negativ- zinsen. Meist betragen sie 0,5 Prozent, ent- sprechen also dem Satz, den die Banken selbst zahlen, wenn sie Geld bei der Euro- päischen Zentralbank (EZB) parken. Erste Banken haben zwar schon beteuert, kein Verwahrentgelt mehr erheben zu wol- len, sobald die EZB ihre Negativzinsen streicht. Doch so weit ist es noch lange nicht. Die Notenbanker stecken in einer Zwickmühle: Einerseits wäre angesichts der hohen Inflation eine Zinserhöhung überfällig, andererseits käme ein solcher Schritt aktuell zur Unzeit. Schließlich sorgt der Krieg in der Ukraine an den Finanz- märkten gerade für enorme Unsicherheit. Bei Vermögenden und Unternehmen mit Liquiditätsüberschuss zeitigte das Ver- wahrentgelt eine interessante Reaktion: Um die Gebühr zu umgehen, wichen sie vermehrt auf geldmarktnahe Fonds aus. Mit konservativ gemanagten Produkten müssen Anleger zwar ebenfalls ein kleines Minus in Kauf nehmen, das wird aber akzeptiert. „Dass Geldmarktfonds aktuell negative Renditen erzielen, ist für Kunden mit Blick auf die Zinslandschaft nachvoll- ziehbar“, sagt Thomas Friedrichs, Leiter Global Funds bei der Deutschen Bank. Karsten Metternich, Manager im Wert- papierteam der Commerzbank, äußert sich ähnlich. „Die Zinssituation geht natürlich auch an Geldmarktfonds nicht vorbei“, sagt er. „Kunden nutzen diese aber verstärkt, um Gelder zu ‚parken‘, die sie aktuell nicht benötigen – die sie aber auch nicht länger- fristig anlegen wollen, um sie jederzeit ver- fügbar zu halten. Hierbei nehmen die Kunden eine negative Rendite in Kauf.“ Ohne Risiko keine Rendite Wer in Zeiten negativer Zinsen eine „schwarze Null“ schreiben möchte, muss ein gewisses Risiko akzeptieren. Es bleiben imWesentlichen zwei Optionen: Entweder Anleger nehmen ein Laufzeitrisiko in Kauf, investieren also in Papiere mit längerer Restlaufzeit, oder sie erhöhen das Kreditri- siko, sprich sie weichen auf geringere Boni- täten aus. Oft entscheiden sich die Investo- ren für eine Mischung aus beidem. „Unser Portfolio setzt nur auf Anleihen mit Invest- ment-Grade-Rating, dennoch gibt es natür- lich ein gewisses Kreditrisiko“, sagt Tatjana Greil-Castro,Managerin der „Global Short Duration Investment Grade“-Strategie von Muzinich. „Auch die Duration ist mit an- derthalb Jahren vergleichsweise gering, ein Zinsänderungsrisiko ist aber vorhanden.“ » Dass Geldmarktfonds negative Renditen erzie- len, ist für Kunden mit Blick auf die Zinsland- schaft nachvollziehbar. « Thomas Friedrichs, Deutsche Bank Hier geht’s raus: In öffentlichen Gebäuden weisen im Fall der Fälle Schilder den Fluchtweg. An der Börse fehlen solche Markierungen. Investo- ren müssen selbst entscheiden, wie sie ihr Portfolio umschichten. MARKT & STRATEGIE Negativzinsen 156 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © SIWWY84 | STOCK.ADOBE.COM
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