FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Dass ihre Strategie trotz der konservati- ven Anlagestrategie seit Jahresbeginn bis Mitte März rund vier Prozent an Wert ver- lor, liegt zum Teil am geänderten Zinsum- feld – der inflationsbedingte Renditean- stieg hat den Kurs der Anleihen ins Minus gedrückt. Doch das ist nicht der einzige Grund.Denn in den vergangenen Wochen wurde offenbar, dass ein Investment am Rentenmarkt mit weiteren Risiken verbun- den ist: Der Spread, also der Renditeauf- schlag, den Anleger für Papiere von Emit- tenten schwächerer Bonität verlangen, kann plötzlich steigen – und die Liquidität schnell versiegen. „Diese Risiken zeigen sich nicht immer, sind manchmal aber sehr deutlich sichtbar“, sagt Greil-Castro. „Wichtig zu wissen ist, dass sich solche Verwerfungen mittelfristig legen. Das ist das Schöne an einer Anleihe: Ich weiß genau, welche Ren- dite ich erwirtschaften werde, wenn ich das Papier bis zum Laufzeitende halte.“ Fach- leute sprechen vom „Pull to Par“-Effekt: Zum Laufzeitende steigt (oder sinkt) der Kurs der Anleihe auf 100 – es sei denn, der Emittent wird zahlungsunfähig. Anleger trotzen dem Minus Jede vierte Anleihe aus der Muzinich- Strategie wird noch in diesem Jahr zurück- gezahlt. „Da bin ich mir sehr sicher, dass diese Papiere zum Nominal- wert getilgt werden, auch wenn sie momentan zum Teil deut- lich darunter notieren“, sagt die Österreicherin. „Dieses Geld können wir dann zu einem höheren Renditeniveau reinves- tieren. Eine Phase steigender Zinsen tut zwar jedem An- leiheninvestor weh, aber mit Papieren kurzer Restlaufzeit ist der Schmerz deutlich geringer.“ Ihre Kunden haben offen- sichtlich verstanden, worauf sie sich einlassen – die meisten Anleger halten der milliarden- schweren Strategie trotz der Verluste die Treue. „Es gibt verschiedene Gründe für Investoren und Unternehmen, Cash zu halten“, sagt Greil-Castro. „Da ist erstens das Geld, das benötigt wird, um jeden Monat seinen Verpflichtungen nach- zukommen – dafür ist unsere Strategie sicherlich nicht das richtige Vehikel.“Zwei- tens gebe es eine „strategische“ Kasse, um Opportunitäten nutzen zu können, die sich kurz- oder mittelfristig auftun.Drittens komme die „eiserne Reserve“ hinzu, der Notgroschen für schlechtere Zeiten. „Die- ses Geld wurde früher typischerweise für einige Jahre bei der Bank geparkt, wofür heute aber eine Gebühr anfällt“, sagt Greil- Castro. „Ich denke, viele Kunden nutzen unsere Strategie für genau diesen Zweck. Sie sind kurzfristig nicht auf das Geld angewiesen, möchten es im Fall der Fälle aber schnell verfügbar haben.“ Andere Optionen Dennoch ist denkbar, dass die Turbulen- zen der vergangenen Wochen den einen oder anderen Private-Banking-Kunden zum Nachdenken gebracht haben. Wo- möglich ist es ihnen doch lieber, ein kalku- lierbares Entgelt zu entrichten, statt sich auf Schwankungen einzulassen, mit denen sie wohl nicht wirklich gerechnet haben. Deutsche-Bank-Manager Friedrichs be- richtet, dass geldmarktnahe Fonds nicht die einzige Option sind, der wohlhabenden Klientel ein Verwahrentgelt zu ersparen. So gebe es beispielsweise die Möglichkeit eines individuellen Vermögensverwaltungsman- dats. „Hierbei kann der Fokus auf eine hohe Liquidität und eine konservative Po- sitionierung in Kombination mit einer breiten Diversifika- tion gelegt werden“, sagt er. „Wir stellen aber auch fest, dass Kunden stärker beleuchten, wie viel Liquidität sie tatsäch- lich vorhalten müssen und welchen Anteil sie zumindest mittelfristig anlegen können“, ergänzt Commerzbank-Experte Metternich. Das ist wohl die Königsdisziplin für Finanzbera- ter: die Kunden zu überzeugen, dass Geld, das sie erst in meh- reren Jahren benötigen, am Aktienmarkt am besten aufge- hoben ist. BERND MIKOSCH FP Beliebt auch ohne Zinsen Die niedrigen Renditen haben Anleger nicht abgehalten, hohe Summen in Kurzläufern zu parken. *SummevonsechsMorningstar-Kategorien (Geldmarkt/Kurzläufer) | Quelle:Morningstar -30 0 30 60 90 120 150 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 Mrd. Euro Nettomittelaufkommen von Geldmarkt- und geldmarktnahen Fonds in Europa* 125,7 Mrd. Euro -29,6 Mrd. Euro » Wichtig zu wissen ist, dass sich solche Verwerfungen mittelfristig legen. « Tatjana Greil-Castro, Muzinich MARKT & STRATEGIE Negativzinsen 158 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © MUZINICH

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