FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022
Die Angst vor dem Sprung Bei der Neukundenberatung für eine private Krankenversicherung ist die Beitragsstabilität des Anbieters ein wichtiger Aspekt. Was Makler wissen müssen, um für das Gespräch gerüstet zu sein. D as duale System der deutschen Kran- kenversicherung steht immer wieder zur Debatte. Auch wenn die Zukunft der privaten Krankenversicherung (PKV) nach der Bundestagswahl 2021 zumindest vor- erst gesichert scheint: Bei der PKV ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Vor allem die Beitragsanpassungen erregen regelmäßig die Gemüter. Anfang 2021 stiegen die Bei- träge für die Vollversicherung im Schnitt um 10,1 Prozent, brachte eine Bafin-Ana- lyse ans Licht. Vier von fünf Privatversi- cherten mussten seither tiefer in die Tasche greifen, obwohl die Krankenversicherer 2,6 Milliarden Euro aus den Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen einsetzten, um die Beitragserhöhungen zu begrenzen. Anfang 2022 fiel die Anpassungsrunde nicht ganz so heftig aus. Doch im Neuge- schäft haben Anbieter wie Continentale (7,66 Prozent), Allianz (5,45 Prozent) oder Axa (4,57 Prozent) zum 1. Januar deutliche Aufschläge verlangt, zeigen Zahlen von Gewa Comp, einem Informationsdienstleis- ter für PKV-Tarifdaten. Andere geben ihre Erhöhungen traditionell erst im Frühjahr bekannt, darunter DKV und Huk-Coburg. Hintergrund für solche Ausreißer, die es dann auch gern mal in die Schlagzeilen der Boulevardpresse schaffen, ist das Preis- findungssystem, dem die PKV verpflichtet ist.Während die gesetzlichen Kassen (GKV) Jahr für Jahr auf gestiegene Ausgaben rea- gieren und den Zusatzbeitrag erhöhen können,müssen in der PKV erst bestimm- te Schwellenwerte überschritten werden, ehe die Beiträge erhöht werden dürfen: Entweder die Leistungsausgaben steigen um mehr als zehn Prozent gegenüber der Kalkulation oder die statistische Sterblich- keit sinkt über fünf Prozent gegenüber der verwendeten Sterbetafel. Beide Faktoren lösen Beitragssprünge aus und heißen des- wegen auch „auslösende Faktoren“. Solange diese Faktoren nicht anschlagen, bleibt der Beitrag stabil – oft über Jahre. Ist der Grenzwert erreicht, werden mit der neuen Kalkulation auch die Anpassungen aus den Vorjahren nachgeholt. Die Branche selbst würde das gern ändern und auch den niedrigen Zins als auslösenden Faktor berücksichtigen. Dadurch käme es wahr- scheinlich häufiger zu kleineren Beitrags- anhebungen, die psychologisch eher zu ver- schmerzen wären. Der Vorschlag findet in den zuständigen Ministerien und bei der Aufsicht bisher jedoch kein Gehör. Kein Anlass zur Panik Neueste Marktuntersuchungen zeigen kein einheitliches Bild der Beitragsanpas- sungen, machen jedoch deutlich, dass zu Panik kein Anlass besteht. So zeigte das Ra- ting „PKV-Beitragsstabilität“ des Analyse- hauses Morgen &Morgen (M&M) im ver- gangenen Sommer, dass die Beiträge im Neugeschäft der PKV-Tarife mit durch- schnittlich 2,53 Prozent leicht und zuneh- Der Fallschirmspringer kann im letzten Moment noch einen Rückzie- her machen, falls ihm sein Manöver zu gefährlich erscheint. Kranken- versicherte dagegen sind einem Beitragssprung hilflos ausgeliefert. 10,1 % stiegen die Beiträge für die Krankenvollver- sicherung 2021 im Durchschnitt. Quelle:Bafin FONDS & VERSICHERUNG Private Krankenversicherung 286 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTOS: © MILOS | STOCK.ADOBE.COM; GUIDO SCHIEFER
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