FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

lesche sowie Arag die Bestnote, knapp da- hinter rangiert die Debeka, dann folgen Axa, DKV, Hanse Merkur, Allianz, Barme- nia, SDK und Signal Iduna (Marke: Deut- scher Ring). Für seine Untersuchung ernte- te das DFSI massive Kritik von spezialisier- ten Maklern. „Wirklich Bedingungen gele- sen und die Aussagen der Versicherer über- prüft hat hier wohl keiner“, glaubt Versiche- rungsmaklerin Anja Glorius aus Berlin, die mit ihremUnternehmen KVoptimal.de auf PKV-Beratung spezialisiert ist. Sie nennt mehrere Beispiele, die die DFSI-Bewertung in Frage stellen. So würde die Hallesche als einer der Premium-Testsie- ger (Tarif NK.Bonus) die DFSI-Mindestvor- gaben bei den Zahnleistungen nicht erfül- len. Diese geben mindestens 90 Prozent Kostenersatz bei Zahnbehandlungen und mindestens 80 Prozent bei Zahnersatz vor. „Der Hallesche-Tarif würde zwar sogar 100 Prozent für Zahnbehandlung und -ersatz leisten“, stellt Glorius klar, „allerdings nur bis zu 550 Euro Rechnungsbetrag.“ Für darüberhinausgehende Kosten sinkt der Erstattungssatz auf 75 Prozent. Immerhin: Die Hallesche führte kürzlich einen neuen Tarif ein, der besser ist (NK Select XL). Auch die Testmethodik des DFSI steht in der Kritik. „Nur die Aussagen in den Be- dingungen entfalten Rechtskraft“, erinnert Sven Hennig, Inhaber des Maklerbüros S.H.C. in Bergen auf Rügen. „Was ein Pro- spekt sagt, eine Presse- oder Marketing- abteilung bestätigt oder ausfüllt, ist völlig unwichtig“, so der PKV-Experte. Das DFSI hatte bei den Versicherern für Musterkun- den angefragt und die Antworten gewich- tet: Ins Gesamtergebnis flossen die Finanz- kraft mit 15 Prozent ein, die Beitragshöhe mit 25 Prozent und der Leistungsumfang mit 60 Prozent. Zur Kritik nahm DFSI- Analyst Sebastian Ewy gegenüber FONDS professionell Stellung. „Möchte man Tarife vergleichen, wird das umso schwerer, je detaillierter man die Abfrage gestaltet“, meint er. Daher müsse man die Fragen oftmals bewusst offen formulieren. Inhalt statt Preis Wie auch immer: Die PKV kann der GKV nach eigener Aussage bei der Bei- tragsentwicklung gut das Wasser reichen. Die PKV-Branche bezifferte die durch- schnittliche Beitragssteigerung in der Voll- versicherung für 2022 kürzlich zwar auf 4,1 Prozent. Laut einem Preisvergleich des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Krankenversicherungen (WIP) nahm die Belastung der privat Versicherten seit 2012 jedoch in geringerem Maße zu als in der GKV. Die annualisierte Steigerung liegt dem WIP zufolge bei 2,6 Prozent in der PKV und 3,3 Prozent in der GKV. Dennoch wird das Thema Beitragsanpas- sung wohl eine der größten Herausforde- rungen bei der PKV-Beratung bleiben. „Be- rater sollten die PKV nicht über den Preis und wenige Tarifmerkmale vermitteln, son- dern über deren Tarifinhalte und die Nach- haltigkeit in der Kalkulation, die erhöhte Beitragsstabilität verspricht“, rät Glorius.Die Berliner Maklerin empfiehlt in der Vollver- sicherung häufig leistungsstarke Tarife der Gesellschaften Hallesche, Alte Oldenburger und Süddeutsche. „Es kommt auf die indi- viduelle Betrachtung und ganzheitliche Beratung an. Ein Wechsel in das private System sollte nur aus Gründen der Leis- tung erfolgen“, betont die Expertin – und warnt vor Billigtarifen.Gleichwohl wird die Niedrigzinspolitik auch in den kommen- den Jahren für Beitragsanpassungen durch weitere Rechnungszinsabsenkungen sor- gen, schätzt Assekurata. Fachkoordinator Reichl zieht deshalb ein ernüchterndes Fazit: „Nachhaltige Ruhe an der Beitrags- front ist nicht in Sicht.“ DETLEF POHL FP » Ein Wechsel in das private System sollte nur aus Gründen der Leistung erfolgen. « Anja Glorius, KVoptimal.de Beitragsstabile PKV-Vollkostentarife 1 Beitragssteige- Beitragsniveau 2021 Anbieter Tarif rung p.a. (%) (Jahr 2000 = 100) Mecklenburgische ProME 1-C 2,70 170,40 Signal Iduna A11, S12, ZN100 2,83 179,99 Concordia AV2, SV2, ZV1 2,99 185,62 VGH Provinzial VKA, KHU, KHP 3,18 192,90 Hanse Merkur KVE2, PS2 3,19 193,23 Debeka PN 3,75 216,50 Barmenia VA01, VS300, VS200, VD100 3,81 219,40 Allianz 709/720/740 3,88 222,46 SDK ZS75, A75, S101 3,92 224,07 LVM A200 (A230), S2, Z100/80 4,18 236,15 R+V A103 + S102 + Z75 4,26 240,34 Alte Oldenburger A106, Z100/80, K20 4,41 247,70 1 Abschlussam1.1.2000 füreinen32-jährigenkaufmännischenAngestellten,Chefarztbehandlung,Unterbringung imZweibettzimmer,Selbstbehalt150bis400Euro,keinKrankentagegeld,ohne Pflege-Pflichtversicherung;Bestandsbeitragbis2021 Quelle:Map-Report921 FONDS & VERSICHERUNG Private Krankenversicherung 288 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTO: © SEBASTIAN BERGER

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