FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022
ren Empfehlungen zu folgen und wenn nötig auch zu agieren. Schon der Januar war ja kein einfacher Börsenmonat, als insbesondere bei den Technologiewerten die Talfahrt einsetzte.Nicht umsonst haben wir im Januar und im Februar noch mehr Transaktionen getätigt als im Jahr zuvor, und das war schon un- ser Rekordjahr. Was wir aber auch festgestellt haben: Kunden, die schon länger bei uns sind, haben auch während der Vorgänge in der Ukraine ihre Positionen nicht auf- gelöst, im Gegenteil, viele haben eher die Kursrückgänge am Markt dazu genutzt, bestehende Positio- nen aufzustocken. Wolfgang Stolz: Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich den Hinweis von Mat- thias Battefeld nur bestätigen, dass offenbar mancher Berater gerade in solchen Extrem- situationen lieber versucht, den Kontakt mit seinen Kunden zu vermeiden, statt pro- aktiv ein klärendes Gespräch zu suchen. Nicht selten liegen die Gründe dafür darin, dass die Beraterinnen und Berater selbst mit der häufig auch für sie vollkommen neuen und vor allem unerwartet aufgetre- tenen Situation überfordert sind. Entweder weil sie eine solche Entwicklung während ihres bisherigen Werdegangs noch nicht selbst erlebt haben oder weil sie einfach nicht gelernt haben, auf sinnvolle und ziel- gerichtete Art und Weise damit umzuge- hen. Das ist im Übrigen einer der Gründe dafür, dass auch unsere Berater gerade in solchen Phasen vermehrt Neukunden ge- winnen, einfach weil die sich enttäuscht von ihrem früheren Betreuer bei einem Wettbewerber abgewendet haben. Um selbst erst gar nicht in eine solche Bredouil- le zu geraten, haben wir in unserer eigenen Organisation schon lange einen Prozess in- stalliert, der vor allem junge Kolleginnen und Kollegen in solchen Phasen unterstüt- zen und ihnen Sicherheit geben soll. Der wie konkret aussieht? Stolz: Wir bieten in diesen Zeiten regelmä- ßige interne Beratungsrunden und Team- Meetings an, in denen sich jüngere, noch relativ unerfahrene Kollegen zu einem kon- tinuierlichen Austausch zusammenfinden mit den „alten Hasen“ unserer Organisa- tion, die unter Umständen schon eine Rei- he vergleichbarer krisenhafter Situationen durchlebt haben. Damit haben wir extrem gute Erfahrungen gemacht, weil es den eventuell Verunsicherten die für ihr Ge- spräch mit Kunden notwendige Sicherheit zurückgibt. Zeitgleich senden wir aber an unsere Kunden das Signal, dass wir bereit- stehen, falls der eine oder die andere die Notwendigkeit für ein klärendes Gespräch sieht. Damit verbunden erinnern wir gleichzeitig an eine grundsätz- lich in unseren Beratungsgesprä- chen kommunizierte Vereinba- rung, die ich auf den Nenner brin- gen würde: Wir stehen zwar grundsätzlich bereit zum Aus- tausch, aber solange wir uns nicht melden, besteht im Grunde auch keine Notwendigkeit, zu handeln oder an der Depotstruktur etwas zu verändern. Ein Effekt daraus ist, dass weder bei uns selbst noch bei den Kunden die große Hektik aus- gebrochen ist, als die ersten Mel- dungen der russischen Invasion in die Ukraine kamen. Nur wenige Kunden haben überhaupt reagiert. Nonner: Von Hektik oder Panik auf der Kundenseite zu sprechen, wäre auch in Bezug auf das Geschehen auf unserer Platt- form übertrieben. Und was die Rolle des Beraters angeht, nehmen wir schon wahr, dass viele IFAs mittlerweile durchaus aktiv auf ihre Kunden zugehen. Über den Ein- satz von E-Mail, Newslettern und andere digitale Kommunikationsformen erreichen sie eben ihre Klientel auch in der Breite, selbst wenn es zu keinem telefonischen Kontakt kommt. Was das angesprochene Thema Transaktionsvolumen angeht: Das hat bei uns in der jüngsten Zeit tatsächlich deutlich zugenommen. Das hängt aber unter anderem damit zusammen, dass sich zum einen unser Geschäftsvolumen deut- lich ausgeweitet hat. Andererseits sind in- zwischen viele Kundendepots in Portfolio- strukturen wie Fondsvermögensverwaltun- gen verankert.Daher löst schon eine leichte Veränderung der Allokation des jeweiligen Vermögensverwaltungsportfolios im Hin- tergrund natürlich eine enorme Zahl an Transaktionen aus. Wenn wir nach diesemkurzen Blick auf die aktuellen Ereignisse nun nach vorne schauen, wird uns eines sicher noch eine » Den Gebührenvorteil von ETFs streicht am Ende allenfalls der Selbstentscheider ein. « Björn Drescher, Drescher & Cie FOTO: © MARTIN SCHERAG 362 fondsprofessionell.de 1/2022 VERTRIEB & PRAXIS Roundtable | Zukunft der Beratung
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