FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

Weile begleiten: die Diskussion um die Kosten. Wie schätzen Sie das ein? Georg Kornmayer: Dazu vielleicht vorweg einige grundsätzliche Beob- achtungen, weil es unter Umstän- den nicht ohne Bedeutung für die Beratungsbranche insgesamt sein wird: Insbesondere in der sehr jun- gen Bevölkerung hat die Zahl der Selbstentscheider, die ihre Invest- mententscheidungen über Neo- banken wie Trade Republic ab- wickeln, während der vergangenen zwei Jahre enorm stark zugenom- men. Wenn ich mir den Freundes- kreis meiner Nichte anschaue, dann verfügen inzwischen wirklich alle ihrer Freundinnen und Freun- de über einen solchen Zugang und tauschen regelmäßig entsprechende Invest- menttipps mit anderen über die Netzwer- ke von sozialen Medien wie Instagram oder Tiktok mit Gleichaltrigen aus. Es hat mich wirklich erstaunt, in welchem Aus- maß und vor allem wie schnell sich das entwickelt hat. Beys: Ich kann das nur unterstreichen. Und ohne nun gleich den Teufel an die Wand zu malen, würde ich schon sagen, dass sich insbesondere unter sehr jungen Menschen gerade eine vollkommen andere Erwar- tung in Bezug auf die Art und Weise der Abwicklung von Finanztransaktionen her- ausbildet. Das wird früher oder später Aus- wirkungen auch auf unsere Branche ha- ben, und dieser Herausforderung werden wir uns stellen müssen, um überhaupt eine Chance zu haben, diese junge Generation für unser Beratungsgeschäft zu gewinnen. Der reine Fondsvermittler jedenfalls wird es schon in absehbarer Zeit immer schwe- rer haben. Denn das reine Vermitteln von Fonds oder auch anderen Finanzinstru- menten, das werden die neuen digitalen Angebote künftig sehr viel einfacher und besser können. Was ich damit eigentlich sagen will: Wir alle, ob Banken, Vertriebs- gesellschaften oder Einzelkämpfer oder Fondsgesellschaften, werden uns damit aus- einandersetzen müssen,wie wir die Qualität der jeweiligen Beratungs- und Verwaltungs- dienstleistungen noch mehr verbessern können. Diese Dienstleistungen müssen einen sinnvollen und erlebbaren Wert für den Anleger haben. Aber zurück zu den Kosten. Beys: Aus meiner Sicht bestehen nach wie vor erhebliche Ungleichgewichte imMarkt in Bezug auf das Thema Kosten, unter an- derem sogar gefördert durch den Ex-post- Kostennachweis, der das Ganze imGrunde auf die viel zu einfache Formel reduziert: „Folgende Gebühren haben Ihre Rendite um X Prozent geschmä- lert.“ Das führt zu einer isolierten Betrachtung von Kosten versus Rendite, bei der ausgeblendet wird, dass hinter diesen Kosten immer auch Dienstleistungen stehen. Des- halb müsste der Ex-post-Kostenaus- weis zu einem Ex-post-Kosten- und Leistungsausweis erweitert werden. Das würde vielen Anlegern wirk- lich helfen, die Gebühren und de- ren Entstehung besser nachzuvoll- ziehen und zu verstehen. Ich be- haupte, dass kaum jemand ein Problem mit den Kosten einer Fondsvermögensverwaltung via ETFs hat. Einem Dachfonds aber haftet nach wie vor das Image eines zu teuren Produkts an. Obwohl eigentlich beide eine vergleichbare Dienst- leistung erbringen. Kornmayer: Dem kann ich nur zustimmen. Die Diskussion um die Kosten der Fonds- anlage treibt inzwischen wirklich seltsame Blüten. Übrigens auch in der medialen Be- richterstattung. Ohne nun Namen zu nen- nen, aber selbst in mancher seriösen Tages- zeitung wird die Themenfindung nahezu ausschließlich über die Kostenschiene ent- schieden nach dem Motto: ETFs sind gut, weil sie kostengünstig sind, aktiv gemanag- te Fonds sind schlecht, weil sie höhere Kos- ten aufweisen.Dabei wird völlig ausgeblen- det, dass hinter dem aktiven Fonds eine Managementleistung steht, der ETF aber lediglich einen Index abbildet. Womit ich gar keine Debatte lostreten möchte, die immer noch gern unter dem Stichwort „Aktiv versus passiv“ geführt wird. Beide haben durchaus ihre Vor- und Nachteile. Es geht vielmehr darum, mit dem seitens vieler Medien falsch verstandenen Kosten- vorteil von ETFs aufzuräumen, der dazu führt, dass aktive Fonds zum Teil bewusst aus der Berichterstattung ausgeblendet wer- den. Das kann nicht gesund sein. » Die Aufsicht, der Gesetzgeber, aber auch die Gesellschaft misstrauen der gesamten Branche. « Philip Kalus, Accelerando FOTO: © ACCELERANDO-ASSOCIATES 364 fondsprofessionell.de 1/2022 VERTRIEB & PRAXIS Roundtable | Zukunft der Beratung

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