FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022
Schwindende Präsenz Immer mehr Bankfilialen schließen. Deutschlands Institute gehen sogar rigoroser vor als manche ihrer Pendants in Europa. Doch an anderer Stelle zaudern die hiesigen Geldhäuser. W ir sind für Sie da“ – prangt in gro- ßen Lettern auf einem Zettel im Eingangsbereich der Commerzbank-Filiale imDüsseldorfer Stadtteil Pempelfort. Klein- gedruckt darunter folgt: „Aus betrieblichen Gründen bleibt diese Filiale ab dem 3. Ja- nuar 2022 bis auf Weiteres geschlossen.“ Dann folgt ein Hinweis auf andere Filialen in der Umgebung und darauf, dass „Ihre Ansprechpartner“ unter den „bekannten Rufnummern selbstverständlich weiterhin zu Verfügung“ stünden. „Ob die jemals wieder aufmachen?“, fragt eine ältere Dame und versucht, ihre Bankkarte in den Kon- toauszugdrucker zu schieben. So wie in dieser Filiale sieht es häufiger aus in Deutschland. Zahlreiche im Zuge der Corona-Pandemie zeitweilig zugesperr- ten Zweigstellen stehen davor, auf Dauer dichtzumachen – über alle Institutsgrup- pen hinweg. Die Ausbreitung von Covid- 19 forcierte auch in der Finanzwelt einen Trend, dessen Fundament sich ohnehin schon ausgebildet hatte: die Wende zu digitalen Geschäften. Selbst die Deutschen, denen ein Hang zum persönlichen Kon- takt am Bankschalter und zum Zahlen per Bargeld nachgesagt wird, streifen ihre ver- meintlich lieb gewonnenen Gewohnheiten zunehmend ab. Doch welche Bedeutung nahm die Filiale tatsächlich noch ein? Und welche Folgen haben die Schließungen für die Belegschaft? Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen, dass deutsche Geldhäuser ihr Filialnetz schon vor der Covid-19-Pande- mie stärker ausgedünnt haben als Kredit- institute anderer europäischer Staaten. So schrumpfte die Zahl der Filialen in Deutschland seit 2008 um fast 40 Prozent. In den übrigen EU-Staaten nahm die Zahl nur um 35 Prozent ab. Im Vergleich zu anderen dicht besiedelten Flächenländern war die Zahl der Einwohner je Filiale ohnehin schon höher, zeigt eine Berech- nung von FONDS professionell auf Basis von EZB- und Eurostat-Daten. Löchriges Filialnetz Demnach kamen 2010 in Deutschland noch 2.144 Einwohner auf eine Bankfiliale. 2020 waren es 3.450 – ein Zuwachs um mehr als 60 Prozent. In Ländern wie Italien und insbesondere Frankreich kommen deutlich weniger Einwohner auf eine Zweigstelle – und die Zuwächse fallen niedriger aus. Lediglich in Spanien ist eine deutlich rasantere Entwicklung zu beob- achten. Die Iberer genossen zuvor aller- dings ein besonders engmaschiges Filial- netz. In anderen Ländern wie Schweden hatte jede Zweigstelle schon im Jahr 2010 satte 4.800 Einwohner zu versorgen, 2020 waren es stolze 7.000. Das skandinavische Land ist allerdings spärlicher besiedelt. Stehen Deutschlands Banken angesichts des löcherigen Filialnetzes mit Blick auf » Filialschließungen haben definitiv einen erheblichen Einfluss auf das Aufwand-Ertrags- Verhältnis. « Christian van Beek, Scope Ratings Zu Beginn der Corona-Pandemie schlossen viele Bankfilialen. Da das Geschäft auch so überraschend gut funktionierte, entschlossen sich zahlreiche Institute, einige dieser Standorte endgültig aufzugeben. BANK & FONDS Filialsterben 404 fondsprofessionell.de 1/2022 FOTOS: © HEIKO KÜVERLING | STOCK.ADOBE.COM; BAIN & COMPANY
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