FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2022

ihre Kostenbasis also deutlich besser da als gemeinhin gedacht? Die Antwort lautet nein. Denn mit Blick auf die Zahl der An- gestellten ergibt sich für die hiesigen Insti- tute ein anderes Bild. „Bei der unvermeid- lichen Straffung der Zahl der Filialen, der Mitarbeitenden und der Institute selbst kommen Deutschlands Banken unter- schiedlich schnell voran“, sagt Sebastian Thoben, Partner bei der Unternehmensbe- ratung Bain & Company in Frankfurt. So sank die Zahl der Beschäftigten im deut- schen Bankgewerbe seit 2008 lediglich um 16 Prozent. In den übrigen EU-Ländern steuert der Rückgang auf 20 Prozent zu. Fragmentierte Branche „Auch beim Thema Fusionen und Schließungen geht es eher langsam vor- wärts“, meint Thoben. 2020 habe sich die Zahl der Banken um rund zwei Prozent auf nunmehr 1.501 Häuser reduziert, wo- bei einige Fusionspläne pandemiebedingt aufgeschoben wurden. Auch im EU-weiten Vergleich zeigt sich, wie fragmentiert Deutschlands Institutswelt noch ist. Zwar gewann die Konzentration auch hierzulan- de an Fahrt, wenn man auf den Anteil der Top-5-Banken an der Bilanzsumme aller Banken schaut. Allerdings starten die hiesi- gen Geldhäuser von einem deutlich nied- rigeren Niveau als Frankreich oder Spa- nien. Auf der Iberischen Halbinsel ist zudem über die vergangenen Jahre eine starke Konzentration auf die größten fünf Adressen zu beobachten. Anders in Deutschland. „Der große Wurf im Inland lässt weiter auf sich warten“, resümiert Bain- Branchenkenner Thoben. Nichtsdestotrotz kommen die deutschen Finanzdienstleister bei Kosteneinsparungen voran, loben Branchenkenner und Analys- ten praktisch unisono. Das Zusperren von Standorten trägt seinen Teil dazu bei. „Die- ser lässt sich zwar nur schwerlich exakt beziffern“, sagt Christian van Beek, der bei der Ratingagentur Scope für Finanzinstitu- te zuständig ist. „Aber Filialschließungen haben definitiv einen erheblichen Einfluss auf das Aufwand-Ertrags-Verhältnis.“ Ins- besondere bei den privaten Großbanken habe die Entwicklung zuletzt Fahrt aufge- nommen, berichtet van Beek. Kehrtwende eingeleitet Kein Wunder: Gerade die Commerz- bank, die einst mit ihrem üppigen Filial- netz kokettierte, leitete mit der Corona-Pan- demie eine Kehrtwende ein. Einige der we- gen der Lockdowns geschlossenen Stand- orte bleiben nun dauerhaft zu. Insgesamt will das Haus 340 Filialen schließen. Beim Konkurrenten Deutsche Bank fielen bereits gut 100 Geschäftsstellen weg, bei der Mar- ke Postbank sollen es 200 werden. Auch den Personalabbau forcieren die größten Institute des Landes. Die Commerzbank Präsenz geschlossen Zahl der Bankfilialen Deutschlands Geldhäuser machen dicht – im Vergleich zur übrigen EU sogar mit einem etwas höheren Tempo. Quelle:EZB 0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000 140.000 160.000 2020 2015 2010 2008 -39,0 % -35,6 % Deutschland Bankfilialen in: EU ohne Deutschland Abschied von Kollegen Bankmitarbeiter in Europa Einschnitte bei der Belegschaft nehmen deutsche Institute nicht so drastisch vor wie die europäischen Nachbarn. Quelle:EZB 0 500.000 1.000.000 1.500.000 2020 2015 2010 2008 -16,1 % -19,5 % Deutschland Bankmitarbeiter in: EU ohne Deutschland » Der große Wurf im Inland lässt weiter auf sich warten. « Sebastian Thoben, Bain & Company fondsprofessionell.de 1/2022 405

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