FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2022

betreiber. Deren Gewinne steigen in der Regel sogar stärker als der zugrunde lie- gende Rohstoff, was wie ein Hebel auf den Aktienkurs wirkt. Rohstoffaktien eröffnen damit theoretisch sogar mehr Potenzial als Anlagen in die Rohstoffpreise. Doch auch das Risiko ist deutlich höher, da die Aktien den üblichen Börsenschwankungen unter- liegen. Daher schnitten Rohstoffaktien in den letzten Monaten meist deutlich schwä- cher ab als die Rohstoffpreise. Rollender Rückenwind Anders als Aktienfonds bilden reine Rohstofffonds und -ETFs über Derivate den jeweiligen Preisindex für den Rohstoff- markt oder eine bestimmte Rohstoffgrup- pe ab. Zu den bekanntesten Indizes zählt der Bloomberg Commodity Index, der bei Investments meist in der Variante unter Ausschluss von Agrarrohstoffen und Lebendvieh verwendet wird. Um die Kurs- entwicklung nachzuzeichnen, setzen die Investment Manager in der Regel Futures und Total Return Swaps ein. Neben der Entwicklung der Rohstoff- preise selbst ist bei derivatebasierten Strate- gien die Futures-Kurve für Warentermin- geschäfte ein wichtiger Ren- ditefaktor. Liegen die aktuellen Preise am Spot-Markt unter den am Terminmarkt gehan- delten Kursen, wird das als Contango bezeichnet.Notieren die Preise am Spot-Markt da- gegen höher als am Termin- markt, spricht man von Back- wardation. Derzeit befindet sich ein großer Teil des globa- len Rohstoffmarktes aufgrund der hohen Nachfrage am Spot- Markt in einer ausgeprägten Backwardation. Diese Sonder- konstellation verleiht den meis- ten derivatebasierten Rohstoff- anlagen zusätzlichen Rücken- wind: Indem sie den günsti- geren langlaufenden in den teureren kurzlaufenden Kontrakt rollen, vereinnahmen Investoren einen sogenann- ten Rollgewinn, der mehrere Prozentpunk- te betragen kann. Eine tatsächliche Direktanlage in physi- sche Rohstoffe ist Fonds und ETFs regula- torisch bedingt kaum möglich, daher sind Derivate die Regel. Auch zahlreiche Multi- Asset-Fonds nutzen Rohstoffe als Diversifi- kationsbaustein und haben ihre Gewich- tung zuletzt deutlich erhöht. Meist be- schränken sich deren Manager aber auf Edelmetalle. Dabei könnte es sich lohnen, eine breitere Rohstoffpalette beizumischen. Das legt zumindest eine Studie nahe, die Natalie Shapiro, Portfoliomanagerin bei MFS, im Mai vorgelegt hat. Gemeinsam mit zwei Kollegen untersuchte sie die Ent- wicklung und Korrelation verschiedener Anlageklassen in unterschiedlichen Infla- tionsszenarien seit Anfang der 1970er-Jahre. Ihr Fazit: „Während Aktien und Anleihen in Zeiten hoher Teuerung immer unter Druck geraten, haben sich Rohstoffe gut entwickelt. Deshalb eignen sie sich auch sehr gut zur Diversifikation.“ Langfristiger Baustein Auch wenn viele Gründe für weiterhin hohe Rohstoffpreise sprechen, ist die kurz- fristige Entwicklung von akuter Unsicher- heit geprägt. „Es ist sehr schwierig, in dieser Situation das richtige Timing zu treffen“, sagt Vermögensverwalter Steinbeis. Dass Rohstoffe künftig eine wichtigere Rolle in den Depots langfristig orientierter Anleger spielen, steht für viele Experten dagegen fest – auch für die Finanzberater, die sich En- de April und Anfang Mai an einer Umfrage auf FONDS professionell ONLINE beteilig- ten. Fast jeder zweite gibt zu Protokoll, seinen Kunden be- reits Rohstoffinvestments emp- fohlen zu haben, die über die klassische Goldbeimischung hinausgehen. Und etwa jeder fünfte Befragte stimmt der Aussage zu, es sei an der Zeit, eine höhere Rohstoffquote in Betracht zu ziehen (siehe Gra- fik). JOCHEN HÄGELE FP » So etwas haben wir noch nie zuvor erlebt. « Jeff Currie, Goldman Sachs Eindeutiges Stimmungsbild Gehören Rohstoffe ins Depot? Was Finanzberater raten. Gold ist in vielen Depots Standard. Die Redaktion wollte wissen, wie es mit anderen Rohstoffen aussieht. Quelle:UmfrageaufFONDSprofessionellONLINEvom27.4.-9.5.22;166Teilnehmer Ich habe längst reagiert und meinen Kunden Rohstoff- (aktien)investments empfohlen. 48,2 % Es ist tatsächlich an der Zeit, eine höhere Rohstoffquote in Betracht zu ziehen. 21,1 % Diese Entscheidung delegiere ich an die Manager der VV-Fonds, die ich vermittelt habe. 13,3 % Meine Kunden bleiben ihrer Depotstruktur treu. Ich rate davon ab, auf Trends zu reagieren. 11,4 % Die Rohstoffrallye dürfte vorübergehen, eine Depot- umschichtung ist nicht nötig. 6,0 % MARKT & STRATEGIE Rohstoffe 112 fondsprofessionell.de 2/2022 FOTO: © GOLDMAN SACHS

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